Aus dem innerem und äusseren Leben der Ehsten
F. J. Wiedemann
InhaltVorwort1. Sprichwörter und sprichwörtliche Redensarten, Sentenzen, geflügelte Worte 2. Umschreibende, bildliche und verblümte Bezeichnungen und Redensarten 3. Sprichwörtliche Vergleichungen 4. Wünsche, Verwünschungen, Betheuerungen, Spitznamen 5. Räthsel 6. Deutungen von Vogelstimmen und anderen Lauten, Buchstaben 7. Spiele 8. Gebräuche bei Vorkommnissen des Familienlebens 9. Haushalt a) Regele und Gebräuche b) Omina für den ländlichen Haushalt 10. Witterungsomina 11. Bedeutung gewisser Zeiten und Tage im Jahr und was an denselben gethan oder unterlassen werden muss 12. Heilmittel, natürliche und sympathetische 13. Zauber und Mittel dagegen 14. Heilige und bedeutungsvolle Stellen, Opfer und Gebräuche bei denselben 15. Uebermenschliche Wesen 16. Abergläubische Vorstellungen von natürlichen Wesen und Naturerscheinungen 17. Abergläubische Vorstellungen von Andeutungen dessen, was geschieht oder geschehen wird (Omina, Orakel) 18. Verschiedene abergläubische Gebräuche und Vorstellungen von Ursachen und Wirkungen |
XI. Bedeutung gewisser Tage und Zeiten im Jahre und was dann gethan oder unterlassen werden muss
Gedruckte Kalender in mehrfachen Editionen sind jetzt überall bei den Ehsten gebraucht und verbreitet, an der Küste aber, wo die Bevölkerung zum Theil aus Schweden und ehstnisch gewordenen Schweden besteht, kennt man auch noch den alten nordischen Kalender, aus vier mit einem Riemen verbundenen Holzstäben mit eingeschnittenen Zeichen bestehend. In alter Zeit soll das Jahr dreizehn Monate gehabt haben, die Gutsherren aber haben einen davon escamotirt, damit sie für einen Monat weniger Abgaben zu zahlen hätten. - Die einzelnen Tage im Jahre, welchen, ohne dass sie christliche Festtage wären, besondere Bedeutung beigelegt wird, an welchen diess oder jenes geschieht, vorgenommen werden muss oder nicht vorgenommen werden darf, heissen überhaupt täht-päevad (Zeichentage, bedeutsame Tage). Es sind nebst den Festtagen die folgenden, mit Weihnacht beginnend wegen der mancherlei Beziehungen dieses Festes zu Neujahr und Epiphanias. Am Weinachtabend legt man zwischen die Steine der Handmühle zwei Hölzchen, so dass man von allen Esswaaren und Getränken etwas dazwischen legen kann, und diess bleibt so der Mühle zur Speise bis nach Epiphanias. - Es wird Heu oder Stroh in die Stube gebracht und ausgebreitet, zum Andenken an das Stroh, auf welchem das Christkind gelegen hat, die Tragenden fragen vorher durch die halb geöffnete Thür, ob man jõulud (Weihnacht, das nordische Julfest) aufnehmen wolle. Der Wirth steht mit dem rehe-papp (der von ihm selbst bei der letzten Ernte geschnittenen und gebundenen ersten Korngarbe, welche an der Decke über dem Esstische ungedroschen aufbewahrt wird), und der, welcher das erste Strohbund trägt, fragt ihn hinter der Thür über allerlei Dinge aus, und die Garbe giebt dem darinnen Weisheit richtig zu prophezeien. Wegen der Spiele, die dann vorgenommen werden, vgl. VII. - In Erwartung der Ankunft des Christkindes bleiben die Leute die ganze Nacht hindurch in den Kleidern wach, es wird Licht gebrannt, es steht Essen, traditionell namentlich Kohl in Wurstbrühe gekocht, auf dem Tisch, der verheissene Himmelsbrot bezeichnend, auch auf jeder Ecke des Tisches ein Häufchen Salz, und man isst davon neun Mal. Salz, als ein antiseptisches Mittel auch sonst zu abergläubischen Zwecken angewendet, wird nachher am Weihnachtmorgen auf das Viehfutter, am Abend vor Neujahr in Brunnen und Bäche gestreut. - Zu Weihnacht wird ein ise-leib (ein besonderes, kegelförmiges Brot) gebacken, man macht drei Eindrücke darauf mit einer Spange oder einer Kohle oder drückt mit einem Schlüssel oder Ferkelknochen ein Kreuz darauf, und diess heisst jõulu-orikas (Weihnachtseber). Es wird ebenfalls mit einem hineingesteckten Licht auf den Tisch gestellt und dort die Feiertage über unberührt gelassen. Am Neujahrs- und Dreikönigstage vor Sonnenaufgang wird etwas davon mit Salz dem Vieh vorgebrockt, das Uebrige wird im Kasten aufbewahrt bis zu dem Tage, wo das Vieh zuerst auf die Weide getrieben wird, dann legt man es dem Hüter in den Sack und vertheilt es am Abend an das Vieh, um es vor Zauber und allem Schaden zu bewahren; anders wo isst zur Zeit der Gerstensaat das Gesinde davon und das Vieh, damit das Feld reichlicher trage. - In der Nacht vor Weihnacht müssen die Fenster verdeckt sein, sonst kommt der Teufel herein, wenn er das Licht (s. oben) sieht, oder wo es auf das Feld hinaus scheint, da wächst kein Getreide. - Am Weihnachtabend macht man mit Kreide, Kohle, Theer u. a. ein Kreuz (auch drei Kreuze wegen der Dreieinigkeit) aussen über die Thür, auch auf Schlitten und Wagen, um den Teufel abzuhalten, und Neujahr verbindet man die Spitzen mit einem Kreise (tara), zum Zeichen, dass das Jahr seinen Kreislauf beendigt hat. - Die Mädchen bringen vom Scheiterhaufen ungezählt Scheite in die Stube, dort zählen sie sie, und ist es eine paarige Zahl, so bekommen sie bald einen Mann. Man wirft auch, mit dem Rücken zur Thür gewendet, einen Schuh zwischen den Beinen hindurch oder über die Schulter; ist die Spitze des Schuhes zur Thür gewendet, so wird die werfende Person im nächsten Jahre aus dem Hause gehen, ist es der Hacken, so bleibt sie darin. - Man wirft auch Strohhalme gegen die Decke wie am Sylvesterabend (s. unten). - Wer am Weihnachtabend Heu stiehlt, dessen Thiere werden gedeihen, und er kann, wenn er dabei nicht ertappt worden, ohne Gefahr das ganze Jahr stehlen. - Man legt - eben so auch am Abend vor Neujahr - ein Beil vor die Thür des Viehstalles und einen Bohrer vor die des Pferdestalles, damit der Tod nicht hinein komme. - Am Weihnachtmorgen legt man in das Waschgefäss eine Spange oder sonst etwas Silbernes und wäscht mit diesem Wasser das Gesicht, auch in das Trinkgefäss des Viehes, und das heisst hõbe-valget panema kallil päeval (Silberweiss legen am theuren Tage). - Am Morgen des Weihnachts- oder Neujahrs- und Epiphaniasfestes wird das Vieh früh bei Licht beschickt besser als sonst, und wenn es hell geworden ist noch ein Mal (also ein Mal mehr als an anderen Tagen), auch das Trinkwasser ihm in den Stall getragen; man wirft auch wohl den Vögeln Getreide hinaus. - In der Nacht muss man Strümpfe und Schuhe an behalten, sonst entstehen Geschwüre an den Füssen. - Niesen am Weihnachtstage bedeutet Glück, besonders Gedeihen des Viehes, von übler Vorbedeutung aber ist es, wenn man unversehens von Jemand gestossen oder auf den Fuss getreten wird. - Am Morgen noch vor Sonnenaufgang macht Gross und Klein Besuche bei den Nachbaren. - Wolle zu kratzen fängt man nicht eher an als zwischen Weihnacht und Neujahr, damit die Schafe immer gute Wolle tragen. - Der nääri-sokk (s. Neujahr) erscheint bei Einigen auch zu Weihnachten als jõulu-pukk (Weihnachtsbock), auch eine jõulu-hani (Weihnachtsgans) in einem Pelz, mit langem Hals, welche wohl getränkt und gespeist wird und die Leute im Hause dafür mit der Ruthe schlägt. Am Sylvesterabend stösst man einen Stock in den Schnee; wessen Stock am Morgen umgefallen ist, der stirbt in diesem Jahr. - Nach Sonnenuntergang wird die Stube gefegt, den Kehricht legt man in ein Sieb, trägt ihn vor das Fenster oder auf das Feld und deckt das Sieb darüber. Um ein Uhr in der Nacht setzt sich der Hausvater auf den Boden des Siebes, dann erfährt er, wie es auf seinen Feldern gehn wird u. a. Brettergeräusch, welches er hört, bedeutet Sterben, eine Stimme die Geburt eines Kindes u. d. gl. - Am Abend befestigt man den Ofenbesen an den Fuss und eggt so sein Feld, dann fressen die Vögel nicht das Getreide weg. - In der Nacht nach zwölf Uhr geht man hinaus und fragt die zuerst entgegen kommende Person: mis sull nimi? (wie heisst du). Den Namen, welchen man zu hören bekommt, wird der Mann resp. die Frau führen, welche man heirathen wird. - In der Dämmerung heizt man den Ofen, und wenn er ausgebrannt ist, stellt man den Esstisch mitten in die Stube und ein brennendes Licht darauf. Dann bringt man Stroh herein, welches näär genannt wird, wohl vom scandinavischen ny år (Neujahr), der Hausvater nimmt von den härtesten Halmen und wirft sie gegen die Decke; wenn viel davon hängen bleibt in den Ritzen und zwischen den Balken, so wird im nächsten Jahre gute Roggenernte sein. Dasselbe wiederholt er dann der Reihe nach für Gerste, Hafer, Erbsen, Kartoffeln etc., oder er wirft auch eine Hand voll von jeder Getreideart an die Decke und ruft: Gott lasse in diesem Jahre den Roggen etc. so hoch wachsen. - Es wird Glück gegossen, d. h. in einem Löffel geschmolzenes Zinn in Wasser geschüttet. Aus der Gestalt des erkalteten Klumpens werden dann Omina entnommen, namentlich wird, wenn er recht rauh und kraus ist, derjenige, auf dessen Namen gegossen wurde, gutes Glück und Reichtum haben; auch für das Vieh und dessen Gedeihen wird Glück gegossen. Das Wasser wird zuletzt nach Norden unter eine Zaunstütze ausgegossen, man setzt den linken Fuss darauf und horcht auf Geräusch, welches sich etwa vernehmen lässt, woraus dann wieder Vorbedeutungen genommen werden. Brettergeräusch bedeutet Sterben, Pferdegetrappel oder eine Sackpfeife Bräute, Sichelklingen schlechte und Sichelrascheln gute Ernte, Thieregebrüll deren Sterben. Wenn man beim Hinaustragen des Wassers irgend wo einen Hund bellen hört, so kommen Freier dahin. - Spiele werden vorgenommen, auch die Fenster verhängt, wie am Weihnachtsabend (s. oben). - Hat man sich genug belustigt, so nehmen die Aelteren die Gesangbücher zur Hand, singen und lesen einige Lieder und Gebete, darauf speist man und lässt das Licht bis zum Morgen brennen, Einige stellen auch Brot und Salz daneben, damit im folgenden Jahre immer reichlich Brot vorhanden sei. - Manche beobachten noch Anderes an diesem Tage. Sie schliessen, wenn es dunkel wird, alle Thore, sonst werden die Mädchen nicht verheirathet, stellen zwei oder drei Stangen kreuzweise vor die Zaunöffnungen (mulgud), damit der Böse nicht herein komme, legen unten an die Stallthür und bei dem Scheuerthor ein Beil in den Mist, damit anderer Leute böses Wort oder Zauber dem Vieh nicht schade, streuen Salz in das Eisloch auf dem Bache, woraus Wasser geschöpft wird für Menschen und Thiere, hängen an die Wand des Schafstalles ein Paar bunte Handschuhe, damit die Schafe gute Wolle haben, bringen alles Pferde- und Ochsengeschirr und sonstiges Geräthe, das draussen ist; herein, schlagen zwischen den Ochsen im Stalle ein Beil in die Wand, dann giebt es immer etwas zu schlachten. - Ist am Sylvesterabend der Himmel heiter, so erwartet man fröhliche, ist er trüb, traurige Zeit. - In der Sylvesternacht darf man nicht reisen, weil da die maa-alused (Unterirdischen) den Menschen sichtbar werden und sie necken und erschrecken. - In Oesel werden die Geister der abgeschiedenen Verwandten bewirthet. Es wird dazu besonders ein grosses Brot gebacken, und nachdem alle Uebrigen sich zum Schlafen niedergelegt haben, legt es der Hausvater auf den Tisch, giesst etwas Bier und Branntwein auf den Boden und ruft die Abgeschiedenen herbei. - Anders wo sitzt der Hausvater am Sylvesterabend mit einem verkehrt um den Hals gelegten Kummet bei Tische und spricht kein Wort. - Die Asche im Aschenloch wird geebnet, und Niemand darf darin stören. Am Morgen darauf sieht man dann, ob sich Spuren von Menschen oder Thieren darin zeigen, was ein Sterben in diesem Jahre bedeutet; eine grosse Spur deutet auf einen erwachsenen Menschen oder ein grosses Thier, eine kleine auf ein Kind oder ein kleines Thier. Eben so thut man auch am Weihnachtsabend. - Der Traum der Sylvesternacht ist bedeutsam; wer auf dem Ofen schläft, träumt viel. - Böse Schuldner bezahlen am leichtesten am Sylvestertage. - Wenn ein Mädchen in der Sylvesternacht in den Scfaafstall geht, und das zuerst von ihr erfasste Thier ein Widder ist, so werden in diesem Jahre Freier zu ihr kommen. Neujahr (nääri-päev, uued jõulud) und Epiphanias (kolme-kuninga-p.) heissen uued pühad (neue Feiertage); zwischen beiden darf im Hofe kein Span von einem Holz gehauen, auch nicht gesponnen werden. - Am Neujahrsmorgen laufen die Mädchen um die Wette in den Schafstall, und welcher es gelingt zuerst das Scrotum eines Widders zu erfassen, die wird in diesem Jahre Braut. - Der Hausvater steckt einen silbernen Ring an den Finger und bringt so das Waschwasser herein. - In den Tränketrog des Viehes legt man etwas Eisernes, meist einen Kesselhaken oder einen Bohrer, und lässt das Vieh so trinken. - Am Morgen geht man mit einem brennenden Lichte in den Schafstall und beschreibt damit, dem Sonnenlaufe folgend, drei Mal einen Kreis um den Kopf der Thiere, damit der Wolf sie nicht zerreisse. Man bringt auch alle Knochen von dem Essen der vorhergegangenen Nacht vor die Thür; wessen Knochen der Hund zuerst nimmt, der stirbt in diesem Jahr, ist es aber ein von einem Mädchen gebrachter Knochen, so wird es verheirathet. - Wenn man am Vormittag aus der Kirche kommt, so eilen die Abergläubischen sehr nach Hause zu kommen; wer fürchtet, dass ein Anderer ihm doch zuvorkommen möchte, der sucht wenigstens einen Handschuh früher in seinen Hof zu werfen. Man eilt, um früher als Andere auf den Heuboden zu gelangen und kleine Heuhaufen zu machen (saaud, kokad), auch allerlei Arbeitsgeräth in die Hand zu nehmen, weil man dann im Sommer auch mit der Heu- und Feldarbeit den Anderen zuvorkommen wird; man mäht auch mit der Ofenkrücke u. d. gl. die Strohhalme (vgl. oben) von der Decke. - Wenn am Neujahrstage zuerst eine Mannsperson ins Zimmer tritt, so bedeutet das Gutes, wenn ein Frauenzimmer, Schlechtes. - Vor die Thür des Viehstalles legt man ein Beil und ein Ei; welches Thier auf das Ei tritt, das werden die Wölfe zerreissen, welches auf das Beil, das wird sterben im Laufe des Jahres; es wird daher schon sogleich gemästet und geschlachtet. - Am Morgen kommt aus einem anderen Hole ein Mann mit einem Bierkruge in der Hand und spricht in der Thür: tere hommikut! vaadake, Nääri-Jaak tuleb (guten Morgen! seht der Neujahrsjacob kommt). Er giebt dann dem Hausvater den Bierkrug, wünscht Allen Glück, man giebt ihm zu essen und zu trinken, die Mädchen bringen ihm Nüsse, die Hausfrau Handschuhe. - Am Abend, wenn Alle fröhlich mit einander sind, macht man den nääri-sokk (Neujahrsbock). Ein Mann steckt die Beine durch die Aermel eines umgekehrten Pelzes, hüllt sich ganz in zwei andere daran genähte, legt sich zwei aus Stroh gedrehte Hörner an, nimmt ein Krummholz zwischen die Beine, an dessen einer Spitze ein grosser, beblätterer Besen steckt. In diesen giesst er, wenn Alle herbei treten um ihn zu besehen, Wasser und benetzt und beschmutzt sie damit, was viel Spass macht. Er stösst auch, jagt den Kindern nach, ein Mädchen hängt ihm Handschuhe oder Strumpfbänder als Geschenk an die Hörner. - Einige haben zu Mittag ein kegelförmiges Brot auf dem Tische, das aber nicht jetzt gegessen wird, sondern erst am Fastnachtstage. Anders wo geht man auf eines Berg, singt, fährt in kleinen Schlitten hinab, wodurch man erlangt, dass der Flachs lang wird. - Wenn es am Neujahrstage Morgens regnet, so wird ein Kind in diesem Jahre sterben, wenn am Abend, ein Alter. - Damit die Hühner ihre Eier alle in dasselbe Nest legen, macht man einen Ring aus Stroh, schüttet Korn hinein und füttert sie daraus am Mittag des Neujahrs- oder auch des ersten Weihnachtstages. Am Tage der heiligen drei Könige (kolme-kuninga-päev, kolmandamad jõulud) wird, ausser dem früher schon Erwähnten, noch Manches beobachtet, was anders wo am Sylvester- oder am Neujahrstage vorkommt, als das Hereinbringen von Stroh, Glückgiessen, Brennen eines Lichtes die Nacht hindurch. - In der Nacht des Epiphaniastages soll der Adler vom Baume fallen. Korjuse-päev (14. Januar), da fängt der Buntspecht an zu schreien. Tõnise-päev, Tõnni-päev, Tennüs-päiv (17. Januar) heisst auch jõulu ema-päev (der Muttertag von Weihnacht) und wird hoch gehalten. Man bewahrt Bier und Branntwein dazu und bereitet Weihnachtsspeisen. Es wird auch ein kleines Brot gebacken, welches man mit einem hineingesteckten Lichte am Abend auf den Tisch stellt und härja-kakk (Ochsenbrot) nennt. Man bewahrt es, bis im Frühjahr das Vieh zum ersten Male auf die Weide getrieben wird, dann muss es der Viehhüter den ganzen Tag in einem Sack am Halse tragen. Wenn er am Abend nach Hause kommt, so zerschneidet man es und giebt jedem Thier ein Stückchen, theils eines gedeihlichen Fischfanges wegen, theils um das Vieh gegen Seuchen zu bewahren. - An diesem Tage ist die Mitte des Winters, das Vieh bedarf noch die gleiche Zeit lang der Stallfütterung, der Mensch die doppelte bis zur neuen Ernte; das Meer fängt an zu dampfen, das Wasser in den Brunnen wärmer zu werden; von dem für den Winter bestimmten Schnee ist die Hälfte noch zu erwarten; der Bär in seinem Winterlager legt sich auf die andere Seite, und wenn man ihn jetzt auf jagt, so richtet er viel Schaden an. - Der Tag hat Beziehung auf die Schweine, und Einige meinen, der Tõnis sei ein Schweinegott gewesen, d. h. habe die Schweine unter seinem besonderen Schutz gehabt. Es wird ein Schwein geschlachtet, an diesem Tage selbst aber nur der mit Grütze zubereitete Kopf gegessen. Beim Schlachten ist folgendes Gebet: püha Tõnisekene, hoia mu orikakest, kaitse mu karjakest! puhas, püha Tõnisekene, ole mu söötja ja jootja! ole sa hoidja ning varjaja ning anna meile armu ning heida heldust oma armu armuga, kuis sa oled meile annud ja armu heitnud! (heiliger Antonius, behüte meinen Eber, schütze meine Herde! reiner, heiliger Antonius, sei mein Speiser und Tränker! sei du mein Behüter und Schützer und gieb uns Gnade und sende uns Güte mit der Gnade deiner Gnade, wie du uns gegeben und Gnade gespendet hast). Wenn man unterlässt an diesem Tage einen Sehweinskopf zu kochen, so gedeihen die Schweine nicht, und man muss ihn am Abend essen, nicht am Tage, sonst werden die Schweine im Sommer unstätt sein. - Vor diesem Tage sieht das Schwein die Sonne nicht, weil es kleine Augen hat, und die Sonne niedrig steht; von nun an sehen die Schweine zuerst einen Rand der Sonne und dann allmählich immer mehr, man bringt sie auch an diesem Tage hinaus, damit sie die Sonne recht deutlich sehen. - In der Gegend von Fennern wird Antoniustag besonders hoch gefeiert mit Bier und guten Speisen, und man bewirthet auch Andere, die aber weder grüssen noch danken dürfen, sondern beim Weggehen sprechen müssen: kurat võtku Tõnni ja tema anni (der Teufel hole den Antonius und seine Gabe). - Man muss an diesem Tage das Feld eggen, dann wird das Getreide gut wachsen, und man darf nicht spinnen, stricken, nadeln, flicken, sonst kriechen im Sommer die Schweine durch den Zaun und richten Schaden an. - Man geht auch am Abend in den Krug und trinkt Branntwein, was man talve selga katki murdma (den Rücken des Winters zerbrechen) nennt. - Kohl darf nicht gekocht werden, sonst verzehren im Sommer Raupen den Kohl. - Wenn an diesem Tage so viel Sonnenschein ist, dass ein Mann dabei zu Pferde steigen kann, so wird das Heu gut gerathen. Paavli ümber-pööramise-päev (25. Januar) ist nach Einigen, statt des 17ten, die Mitte des Winters, wo das Meer anfängt zu dampfen, das Wasser in den Brunnen wärmer zu werden. Küünla-päev od. küünla-Maarja päev (2. Februar). An diesem, oder nach Anderen an dem folgenden Tage muss man sich betrinken oder wenigstens in den Krug gehen und Bier und Branntwein trinken, damit man im Sommer immer frisch und roth aussieht. Diess heisst küüla-päeva puna jooma (die Röthe von Lichtmess trinken). Die Marid und Maarjad müssen den Trank darreichen. Anders wo thut man diess am 25. März (Paastu-Maarja-päev). - Andere thun es, um im Sommer nicht von den Fliegen belästigt zu werden. - An diesem Tage, nach Anderen am Matthiastage (24. Februar), übergiebt man den Hennen den Schlüssel, wie den Schweinen am 25. März, d. h. man lässt sie nun frei sich selbst ihre Nahrung suchen. Luu-valu-päev (9. Februar), da muss jeder seine Knochen und Glieder ausruhen lassen. Neitsi-päev, Tiina- od. Vaustiina-päev (15. Februar). Man darf am Abend dieses Tages kein Licht anzünden. Peetri-päev od. Peetri helis-päev (22. Februar). Die Quellen fangen an zu rauschen und zu klingen (helisema) und die Steine im Wasser mit dem Eise zusammen zu frieren. Madise-päev od. Matsi-p. (24. Februar). Ungeziefer, welches sich in die Erde verkrochen hatte, fängt an sich zu regen. - Spindeln und Spinnräder werden in Strohschober versteckt, weil man, wenn man sie sieht, im Sommer viel Schlangen resp. Wölfe sehen wird; auch alle Waschgeräthschaften versteckt man, und man kämmt und wäscht sich nicht. - Wer an diesem Tage näht oder strickt, den beisst die Schlange in den Fuss, oder sein Vieh wird hinken, wer spinnt, den plagen im Sommer Fliegen und Mücken, dasselbe erfolgt, wenn die zuerst eintretende Person ein Frauenzimmer ist. - Wenn man siebt oder mahlt, so werden viel Fliegen und Mücken sein, wenn man aus dem Walde Holz einführt, so führt man sich viel Schlangen, Fliegen und Mücken in den Hof, wenn man dagegen stäubt, so wird es wenig Fliegen geben. - Der Matthiasschnee verzehrt den alten Schnee, und wenn ein tüchtiges Schneegestöber ist, so lässt das eine gute Ernte hoffen. - Wenn es an diesem Tage wenig schneit. so schneit es Ungeziefer auf den Sommer, schneit es aber viel, auch nur so viel wie eines Strohhalmes Dicke, so schadet es nichts. - Der an diesem Tage wehende Wind wird wohl beachtet. Wenn man bei demselben Winde Erbsen säet, so werden sie durch Ungeziefer Schaden leiden oder unter den Erbsen finden sich viel harte, oder wenn man Flachs säet, so hat er wenig Fasern und Samenkapseln. Wer Bienenstöcke hat, hütet sich, bis zum Frühjahr bei diesem Winde irgend etwas mit ihnen vorzunehmen, sonst würden später alle jungen Schwärme davon fliegen. Wenn man dabei ein Schwein schlachtet, so schwindet das Fleisch sehr ein im Kochen. Flachs säet man bei diesem Winde um ihn von Leindotter frei zu halten, auch Kohl, aber nicht Gerste oder Weizen, sonst würden Würmer den vierten Theil verzehren. Fischer berücksichtigen diesen Wind auch beim Strömlingsfang. Weht ein Landwind, so treibt er die Würmer ins Meer. - Von diesem Tage an fangen Halme und Spreu, die auf dem Boden liegen, an den Schnee zu hassen, d. h. er fängt an unter ihnen abzuthauen. - Am Morgen giebt man den Hühnern Grütze und Erbsen und damit den Schlüssel, den sie fortan unter dem Flügel tragen, d. h. sie müssen sich selbst ihre Nahrung suchen. - Man soll viel Bier und Branntwein trinken, damit der Flachs gedeihe. - Matthias bringt oder bricht Eis. - Man darf auch an diesem Tage, wie am 15. Februar, weder ein Licht noch einen Kienspan anzünden, sonst werden Hausgesinde oder Kinder krank. Tali-harja-päev (12. März), d. h. Firsttag des Winters, weil an diesem Tage der Schnee anfangen soll abzugehen, und nur noch die Wegstellen damit bedeckt bleiben. Fastnacht. Fastnachtspeise ist Grützsuppe mit Fleisch, oder noch verbreiteter Erbsensuppe mit im Herbst eingesalzenen Schweinefüssen, und wenn diese auf's Feuer gesetzt ist, so pflegt man nicht mehr zu arbeiten, wenigstens nicht zu spinnen. Wenn etwas von der Speise über kocht, so wird es am Tage der Düngerfuhr regnen. Die gesammelten Knochen von des Schweinefüssen bringt man am anderen Morgen in den Schweinestall und spricht zur Sau: tee mulle nii mitu poega kui konti siin (gebäre mir so viel Junge, wie hier Knochen sind); oder der Jüngste am Tische muss sie einzeln im Munde auf den Boden des Hauses oder in den Wald tragen, damit die Schweine im Sommer gedeihen und sich nicht verlaufen. - Wenn man am Morgen das Haar beschneidet, besonders mit einer Schafschere über dem Boden eines Siebes, so wird es gut wachsen und nicht ausfallen; dasselbe geschieht, wenn man von einer Wittwe, welche selbst starkes Haar hat, sein Haar am Abend sieben Mal im Kreise stutzen lässt. Auch Mähnen und Schweife der Pferde stutzt man in derselben Absicht. - Armen darf an diesem Tage kein Getreide geben werden, sonst schwindet es im Kornkasten. - Damit der Flachs gut wachse, gleitet man auf kleinen Schlitten von einer Anhöhe herab, und wessen Schlitten am weitesten geht, dessen Flachs wird der längste sein. Dabei singt man: linad linu-laskjale, takud takka lükkajale, tudrad tuppa istujale (der Flachs dem Gleitenden, die Hede dem Nachschiebenden, die Leindotter dem in die Stube sich Setzenden), oder linad linu-laskjale, tudrad toa-istujale, takud taga-vaatajale, vares-kaerad vahtijale (der Flachs dem Gleitenden, die Flachsdotter dem Stubensitzer; die Hede dem Nachblickenden, die Trespe dem Gaffer). - Um das Haus wird Asche gestreut, dann kommen in diesem Jahre keine Schlangen hinein. - Man darf an diesem Tage kein Licht anzünden, sonst werden die Ochsen im Sommer asthmatisch, auch nicht Dünger ausführen; Andere meinen, dass es dem Getreide Gedeihen bringt, wenn man ein Fuder Dünger auf's Feld führt. - Wenn am Fastnachtstage der Mond drei Tage alt ist, so wird es ein gutes Jahr, wenn er schon im ersten Viertel ist, ein schlechtes. - Am Abend macht man eine Strohpuppe, metsik (Waldgeist) genannt, das eine Jahr mit einem Männerhute und einem alten Rocke, das andere mit einer Haube und einem Weiberrocke bekleidet, steckt sie auf eine lange Stange, trägt sie mit Jauchzen und Geschrei über die Gränze des Dorfes oder Gutsgebietes oder Kirchspiels hinaus und bindet sie im Walde an einen Baumgipfel; diess soll ein Schutz sein gegen allerlei Unheil. - Am Fastnachtstage eingeführtes Brennholz soll bei der Getreidedarre besonders günstig sein, und man bewahrt davon auf für den Herbst, wo das erste Getreide in die Darrscheune geführt wird. - Junge Ochsen, welche zur Arbeit dressirt werden sollen, werden an diesem Tage zum ersten Male angeschirrt. Aschermittwoch. Man darf an diesem Tage kein Brot backen, sonst wird es das ganze Jahr schimmelig, keinen Ochsen anschirren, sonst werden seine Hörner aschig, d. h. bröckeln und schuppen sich ab, nicht den Kopf kämmen, sonst wird er schinnig, auch kein Licht anzünden eben so wie den Tag vorher. - Wer am Aschermittwoch nicht in die Badstube geht, dem wird das Brot schimmelig werden. - Die Asche aus dem Aschenloch wird gesiebt, damit sie das Jahr hindurch gehörig darin bleibe. - Einige geben auch an diesem Tage den Hühnern den Schlüssel ab (vgl. 2. Februar). Paastu- od. Paast-Maarja-päev (25. März). An diesem Tage übergiebt man dem Schweine die Schlüssel (vgl. 2. Februar), denn das Schwein sagt: Maarja-päevast pangu mind seitsme põrsaga aja ja anne vahele, ma ei sure mitte ära, toidan ennast ja oma põrsaid kaa (von Mariä Verkündigung an setze man mich mit sieben Ferkeln zwischen Zaun und Schneetrift, ich werde nicht sterben, sondern mich und auch meine Ferkel ernähren). Die Prozedur ist dabei diese: man bewahrt von Fastnacht her Knochen von den Schweinsfüssen (s. oben), legt sie am Marientage unter Gerste oder Hafer, bringt diess hinter die Pforte, legt einen Strick herum und treibt dann die Schweine zum Fressen herbei; der Ort bedeutet, dass die Schweine den Sommer über ausserhalb des Hofes fressen, und der Strick, dass sie sich nicht von einander verlaufen sollen. Wer am Morgen vor Sonnenaufgang noch drei Hände voll Gerste dahin bringt, wo er im Sommer seine Schweine haben will, dessen Schweine bleiben dort und richten nicht anders wo Schaden an. - Auch am Morgen dieses Tages geschieht wohl das Einsammeln des Schwanzgeldes durch den Viehhirten, vgl. unten 23. April. - Wer früh, vor Sonnenaufgang Hobelspäne in die Stube bringt, wird viel Vogelnester finden.- Man muss am Abend ohne Licht zu Bette gehen, damit nicht Wanzen und anderes Ungeziefer sich zu sehr vermehren. - Man soll auch an diesem Tage kein Feuer anzünden, sonst verdorrt das Roggengras oder wird zu schnell gezeitigt. - Wenn ein Frauenzimmer zum Besuch kommt (eben so am Charfreitag und ersten Ostertag), so wirft man ihr beim Weggehen Asche nach, um nicht grossen Schaden zu haben auf Feldern und Wiesen. - Wer nicht vor Sonnenaufgang aufsteht, dem bleibt ein Bärenschlaf. - Die Weiber trinken sich die Marienröthe zu. - Man bereitet das Land für die Kohlpflanzen, damit Maria sie gegen die Kalte schütze. - Wer an diesem Tage fischen geht, wird immer reichlich fangen. - Am Abend vorher legt man ein Ei auf den Holzhaufen; ist es am Morgen darauf noch ganz, so wird Frost dem Getreide nicht schaden. - Wenn am Marientage noch Schnee auf dem Dache liegt, so wird zu St. Georg (23. April) noch Schnee am Zaun liegen. - Von den Nächten vor und nach Mariä Verkündigung schliesst man auf die Witterung des Jahres. Thaut es, so wird der Frühling warm sein, aber im Herbst das Sommergetreide vom Froste leiden, friert es, so wird umgekehrt der Frühling kalt sein, aber das Sommergetreide gut reifen. - Auf neun Tage und Nächte geht die Sonne in die Schneetrift (ang), und diess heisst anne-aeg, darauf geht sie auf eben so lange Zeit ins Wasser, und diess fängt an warm zu werden. Ambruse-päev (4. April). Der Hecht und der Sein (Kühling, Cyprinus Idus) fangen an zu steigen. Charwoche. Am Palmsonntag geht man in den Schafstall und setzt sich auf den die Abtheilung für die Lämmer bildenden Zwischenzaun, damit die Schafe gut gedeihen. - am Morgen des Gründonnerstages legt man für die jungen Mädchen ein Ei ins Wasser, damit sie immer jung und schön bleiben, for die Männer Silbergeld, damit sie auf Reisen Alles trinken können ohne zu erkranken. Am Morgen dieses Tages selbst darf man übrigens durchaus nicht eine Reise antreten, allenfalls später im Verlauf desselben. - Am Gründonnerstag und Charfreitag machen die Fischer ihre Netze zurecht und räuchern sie, die Jäger machen die Lockpfeifen, die Kinder bringen Gesträuch und Späne ins Zimmer, damit sie im Sommer viel Vogelnester finden. - Am Morsen muss man beim Aufstehen aus dem Bette drei Mal auf Eisen treten und sprechen: jalad nii kõvad ja vissid kui raud! (die Füsse so hart und fest wie Eisen), dann bleiben die Füsse gesund. - Wer nicht am Charfreitag vor Sonnenaufgang den Kehricht aus der Stube verbrennt, wird viel von Fliegen zu leiden haben. - Wer an diesem Tage (oder am Gründonnerstag) sein Pferdegeschirr flickt, dessen Pferde ermüden nicht bei der Frühlingsarbeit, und ein dann ausgebessertes Schiff ist sicher vor Beschädigung auf dem Meere. - Wer am Charfreitag oder Neujahr seine Netze aufschlägt, der wird reichlich Fische damit fangen. - Man darf am Gründonnerstag und Charfreitag nicht Wäsche klopfen, sonst werden schwere Gewitter sein (vgl. St. Georg). - Mädchen müssen armastuse-rohtu (Philtra) kaufen, damit eher ein Bräutigam kommt. - Bienenbesitzer gehen in der Nacht vor Charfreitag um den Zaun des Bienengartens und stecken immer Wacholder- und Ebereschenzweige hinein, damit die Bienen gut schwärmen und nicht fort ziehen, und damit sie, wenn Jemand in böser Absicht hinein geht, ihn tüchtig zerstechen. Ostern. Am Morgen des ersten Ostertages soll die Sonne vor Freude über die Auferstehung tanzen, d. h. auf und nieder schweben. - Man kämmt und wäscht sich nicht, eben so wie am Matthiastage. - Wenn ein fremdes Weib in den Hof kommt, so muss man ihm beim Weggehen Asche nachwerfen, sonst könnte man grossen Schaden auf Feldern und Wiesen haben (eben so am Charfreitag und Mariä Verkündigung). - Wer vor Tagesanbruch die Ruthe eines jungen Bullen betastet, wird im Sommer viel Vogeleier finden (eben so am Charfreitag und St. Georg). Künni-päev (14. April). Das Feld fängt an zu grünen und das Pflügen muss beginnen; wenn die Witterung es nicht erlaubt, so ist es ein grosses Leidwesen. Kommt der Pflüger von diesem ersten Pflügen nach Hause, so wirft man ihm mit einem kleinen Gefässe Wasser ins Gesicht, dann soll er im Sommer nicht hinter dem Pfluge einschlafen. Jüri-päev (23. April) ist einer der bedeutungsvollsten Tage für den Landmann. St. Georg ist der Termin, von welchem regelmässig die Landpachten, auch andere Verträge, beginnen. Nach einer Sage soll an diesem Tage die Erde sich geöffnet und aus dem Spalt überriechende Dünste ausgehaucht haben, da soll ein Mann Namens Jüri (Georg) den Spalt zu geworfen und damit dem Verderben Einhalt gethan haben; daher die Feier des Tages unter seinem Namen. Er wird als ein grosser Feiertag angesehen; wer irgend kann, schlachtet etwas und braut Bier, oder bringt es sich wenigstens aus der Schenke, und singt und schmaust fröhlich. An diesem Tage muss in einem normalen Jahre schon junges Gras auf den Wiesen sein, daher, wenn irgend möglich, das Vieh auf die Weide getrieben wird, und das Roggengras muss schon so hoch sein, dass es eine in der Furche sitzende Krähe verdeckt, man darf aber nicht früher hinaus gehen sein Roggenfeld zu besehen. - Die Baumrinde löst sich durch den Zufluss des Saftes, was die Knaben zur Verfertigung ihrer Weiden Flöten benutzen. - Die Rothfeder (Leuciscus rutilus L.) fängt an in den Bächen aufwärts zu ziehen. Wenn man an diesem Tage barfuss in den Hof eines Bienenbesitzers geht, so wird die Bienenbrut ihn verlassen. - Wer die Ruthe eines Bullen betastet, wird viel Vogelnester finden. - Wenn am Morgen sich Thau findet, so wird der Roggen vor St. Jacobi (25. Juli) reifen. - Wenn dem nach Hause kommenden Vieh Strohhalme am Maul hängen, so wird es ein schlechtes Getreidejahr sein, wenn Heuhalme, ein schlechtes Heujahr. - Wenn eine Hüterruthe nach Hause gebracht wird, so verwandelt sie sich in eine Schlange. - Wenn es vor St. Georg gewittert, so wird der Sommer kühl sein. - Wer vor St. Georg einen Frosch sieht, dem werden den ganzen Sommer über die Zehen nicht verbäht. - Wer drei Tage vor St. Georg in einen Ameisenhaufen spuckt, dem wird die Sonne im Sommer das Gesicht nicht verbrennen. - Wer vor St. Georg nüchtern einen Kuckuck rufen hört, hat in diesem Jahre Schaden durch Feuer zu befürchten. Da der heilige Georg für den Hüter und Beaufsichtiger der Wölfe gilt (vgl. XVI), so steht sein Jahrestag natürlich in vielfacher Beziehung zu diesen. Am Morgen dieses Tages bekommt der Wolf einen Ring um die Schnauze und eine Halfter um den Kopf, wodurch er bis Michaelis weniger gefährlich ist; wenn jedoch St. Georg auf einen Freitag des Neumondes fällt, oder wenn man vor diesem Tage mit zwei Waschbläueln die Wäsche klopft, so ist das Vieh durch den Wolf sehr gefährdet. Noch vieles Andere ist zu beobachten, resp. zu vermeiden, um die Schädigung der Herde dorch die Wölfe abzuwenden. Die Hüterknaben dürfen vor St. Georg nicht Fleisch oder Butter essen bei der Herde, sonst wird der Wolf viel Thiere rauben, und die Butter wird nicht zusammen gehen, auch nicht Feuer anzünden, damit der Wolf nicht feurige Zähne bekomme. Viehglocken darf man nicht vor St. Georg machen und dem Vieh anhängen, sonst wird der Wolf dadurch herbei gerufen; eben so darf man auch Zäune nicht vor St. Georg machen, damit der Wolf nicht hindurch kommt. Wenn man am Morgen dieses Tages näht, so bleiben die Jungen des Wolfes blind. Man sucht in der Nacht vor St. Georg Wolfskoth, verbrennt ihn zu Hause und räuchert das Vieh damit, oder man sammelt Knochen auf den Weiden und verbrennt sie auf einem Kreuzwege, was auch sonst noch gegen Krankheiten durch Zauber oder böse Geister gut ist. Man schärft den Kindern ein, nicht mit einem Stocke in der Erde zu stochern oder sonst Unart zu treiben; man geht vor Tagesanbruch auf eines fremden Herren Gebiet und stört in einem Ameisenhaufen; man trägt eine Menge Gesträuch zusammen, zündet es an und macht einen grossen Rauch, aber frisches Holz hauen oder Aeste abbrechen darf man nicht. Anderes noch kommt vor bei dem ersten Austreiben der Herde auf die Weide, wovon sogleich unten. Eine von vielen Ceremonien begleitete und mit vielen Vorschriften verclausulirte Hauptaction ist dieses erste Austreiben der Herde, was, wenn nur irgend möglich, an diesem Tage geschieht ,(vgl. IX, a), sollten auch die Thiere bisweilen hungriger nach Hause zurück kehren als sie ausgegangen sind. Ohne Zweifel hat diess seinen Grund in der Beziehung, in welche der h. Georg zu dem Wolfe gedacht wird. Am Morgen, vor dem Austreiben giebt der Hirt den Hausvätern und Hausfrauen zu trinken, damit der Wolf die Thiere nicht beschädige, und empfängt dabei für jede Kuh das so genannte Schwanzgeld. Der Hausherr beschreibt mit dem Gelde einen Kreis um den Kopf des Thieres und legt es dann auf den Düngerhaufen nieder. Der Hirt steckt seinen Stock in die Erde, legt seinen Hut darauf, betet drei Vaterunser und geht drei Mal um das Vieh herum; wenn er zum dritten Mal wieder zu seinem Stocke gekommen ist, so treibt er die Thiere hinaus, jedoch ohne sie zu schlagen. Mancher holt sich den Stock, gewöhnlich von Ebereschenholz, von dem Boden eines anderen Herren, Mancher legt auch in ein verspundetes Loch desselben etwas Quecksilber. Die Thiere schmiert man mit Theer, damit sie gesund bleiben; man steckt ihnen auch Brot, Salz, Schiesspulver in den Hals, und im Thor wirft man ihnen Salz auf den Rücken gegen rabandus (plötzliche Krankheit), und damit sie kräftig seien. Wenn man einem Thiere die Glocke anhängt, so legt man vorher Salz und Brot hinein und giebt von diesem Brote auch den anderen Thieren, dann halten sich alle nach dem Klange der Glocke bei einander. Während die Kühe aus dem Stalle kommen, muss die Hausfrau recht oft sprechen: sitt ja kusi küla-rahvale, või ja piim meile (der Koth und der Harn den Nachbarsleuten die Butter und die Milch für uns). Man beräuchert das Vieh mit Asa foetida oder Schwefel gegen Hexerei und böse Dünste. Man schneidet mit einer Sense ein Kreuz in die Pforte. Man legt vor die Stallthür oder vor die Pforte Eier oder ein scharfes Werkzeug (Sense, Beil), und welches Thier dann ein Ei zertritt oder sich beschädigt, das wird von dem Wolf zerrissen werden oder sonst den Winter nicht erleben, und Mancher schlachtet es daher schon lieber sogleich, um wenigstens das Fleisch zu retten. Man legt auch überhaupt etwas Eisernes, eine Brechstange oder den Kesselhaken, vor die Thür als ein Schutzmittel. - Statt des oben beschriebenen Stockes hat der Hüter auch eine gedrehte Birkenruth,. und wenn er diese beim Austreiben zu den Thieren wirft, so verlaufen sie sich auf der Weide nicht. Oder er läuft mit einem Stein in der Hand drei Mal um die Herde und wirft dann den Stein mitten in dieselbe, dann bleibt sie ebenfalls beisammen. Anders wo läuft auch die Hausfrau selbst, wenn das Vieh zur Hofpforte hinaus gegangen ist, drei Mal um dasselbe zu dem nämlichen Zwecke. Sie begleitet wohl auch selbst ihre Thiere, welche dann nur kurze Zeit auf der Weide bleiben. Dazu hat sie von den Weihnachtsbroten (s. oben) eins aufbewahrt, diess nimmt sie in einem Sack auf den Rücken, dazu Salz und ein Ei in einem Handschuh und den Kesselhaken, geht drei Mal in der Richtung des Sonnenlaufs um das Vieh, betet ein Vaterunser, legt Ei und Kesselhaken vor die Pforte und treibt dann die Thiere hinaus. Während sie auf der Weide sind, hat sie immer den Sack auf dem Rücken und ein Buch in der Hand, und wenn die Herde nach Hause kommt, so vertheilt sie das Brot gleichmässig unter die Hausgenossen. - Der Hüter muss immer bei der Herde sein und Acht geben, dass keine Hexe dazu kommt, und so wohl er wie die Hüterknaben dürfen ja keinen Zweig abbrechen (vgl. oben). Diese letzten müssen fasten, und sie bekommen kein eisernes Werkzeug (Beil oder Messer) mit, sonst würde das Knebeln des Wolfes durch den heiligen Georg (s. oben) nichts helfen, sondern nur einen Stock, welchen sie am Abend zurück bringen müssen. - Wenn die Herde von dem ersten Gange auf die Weide zurück gekommen ist, so wirft man dem Hüter Wasser über den Kopf, damit er den ganzen Sommer über aufmerksam sei. Die Ruthe, mit welcher er die Thiere ausgetrieben hat, steckt er in den Rand des Daches, dann bleiben sie den ganzen Sommer ruhig auf der Weide, und jedes Stück kommt richtig wieder nach Hause. - Wenn ihre Kühe zum ersten Male nach Hause kommen, so eilt die Hausfrau ihnen entgegen, um alle Butter von ihnen zu bekommen.
Noch vielerlei Anderes wird mit Rücksicht auf den Georgentag gethan oder nicht gethan. Man lässt einen heissen Stein ins Wasser hinab, um das Wetter warm zu machen; die entgegengesetzte Wirkung hat es, wenn man vor St. Georg im Freien Feuer anmacht. - Man verbrennt das Stroh des Weihnachtsabends (s. oben) im Kohlgarten und räuchert mit Wacholder von dreier Herren Gebiet zum Schutz gegen Raupen. - Wenn es gewittert und man während dessen drei Purzelbäume schlägt, so wird zur Erntezeit der Rücken nicht schmerzen. - Wenn man (beim Weben, Waschen oder sonst) klopft, so werden viele Gewitter und Ungeziefer sein; anders wo indessen hält man gerade darauf, dass die Hausfrau beim Weben tüchtig mit der Lade klappert. - Vor St. Georg darf nicht ein Frauenzimmer mit Stricknadeln oder Jemand mit blossen Füssen in einen fremden Hof gehen, sonst thun die Schlangen dort Schaden. - Wer an diesem Tage ein Eisen auf der Erde findet, wird das ganze Jahr gesund bleiben. - Man darf keine Feldarbeit mit Rindern verrichten, damit nicht der Hagel das Getreide zerschlage. - Am Morgen geht man auf`s Feld hinaus und schlägt mit Dreschflegeln auf den Boden, als wäre man beim Dreschen, dann wird man im Herbst reichlich zu dreschen haben. Auch lasst man aus dem Ringfinger der linken Hand auf jede der vier Ecken des Feldes drei Tropfen Blut fallen unter Anrufung des Lijon (s. XV). - Wenn man mit Schweinekoth im Munde drei Mal barfuss um die Stube geht, so wird man viel Vogelnester finden.
Noch geschiecht endlich an diesem Tage, zugleich auch am Johannistag und am Donnerstag zwei und eine Woche vor Himmelfahrt (esimene ja teine risti-päev), Manches, wodurch man Vortheil zu erlangen und Schaden abzuwenden oder annzurichten meint, ohne dass ich genau erfahren hätte, worin diese eigentlich bestehen. So kriecht man ohne Hosen und mit einem Kummet um des Hals unter einer Zaunstütze hindurch; man legt Tabak, Steine, Feuerbrände, Kohlen in das Getränk des Viehes, in Tröge und Ställe, oder man vergräbt sie auf Feldem oder in den Vorrathshäusern; in der Nacht melkt man fremde Kühe aus, besprengt sie mit Blut, beschert Pferde und Schafe; man setzt Pferden ein Haarseil oder beschmiert sie mit Koth, bringt in fremde Wohnungen Eier, Fleisch, Fett, Eingeweide, Salz. Zu den letzten Proceduren, wobei ohne Zweifel ein böser Zauber beabsichtigt ist, vergleiche man XIII. Markuse-päev (25. April). Man darf nicht pflügen, sonst stirbt das Vieh plötzlich, daher auch surma-päev od. äkk-surma-päev (Sterbenstag, Tag des plötzlichen Sterbens). - Wenn es an diesem Tage nicht friert, so hat im Herbst die Gerste nichts vom Frost zu fürchten. Kõige tarkade od. k. nõidade päev (der Tag aller Klugen, d. h. Zauberer, oder Hexen), Volbri-p., Vilpuse-p. (l. Mai). An diesem Tage müssen die Erbsen gesäet werden. Es darf nicht geheizt werden, weil das den Blitz anzieht. Risti-päev (Himmelfahrt), od. Suur risti-päev zum Unterschiede von den drei vorhergehenden Donnerstagen, welche ebenfalls risti-päev (Kreuzestag) heissen, nämlich tuule-risti-päev; linnu-r.-p., lehe-r.-p. Zur Feier des Tages wächst das Gras eine Stunde lang nicht. - Das Vieh kommt zum ersten Male zu Mittag nach Hause, eine nõid (Hexe) geht ihm mit einem Stöckchen (nõia-kepp) entgegen, berührt die Kühe damit und spricht: siit võid, siit piima (von hier Butter, von hier Milch). - Am Donnerstag eine Woche vorher (tuule-risti-päev) darl nicht gesäet werden, damit nicht später der Wind das Getreide durch einander wirre, und damit die Schafe mehr Wolle geben. Damit die von Lappland wehenden bösen Winde das Vieh nicht beschädigen, darf es am ersten risti-päev den ganzen Tag, am zweiten den Vormittag, am dritten ohne gefüttert zu sein nicht hinaus gelassen werden. Eeriku-päev (18. Mai) ist der Tag, an welchem die Roggenähren erscheinen. Neli-pühad, neli-pühi (Pfingsten) wurde früher vier Tage lang gefeiert, daher der Name (Vierfest). Viituse-päev (15. Juni) ist der Tag, an welchem die Kohlpflanzen versetzt werden müssen. Jaani-päev (24. Juni). Die Feier des Johannistages geschickt schon am Abend und in der Nacht vorher. Das Johannisfeuer soll die Hexen vom Vieh ab halten. Man nimmt dazu mit brennbaren Stoffen gefüllte Theer-tonnen auf Stangen oder einem abgehauenen Baum, welchen man aufrichtet und in Form eines Thurmes oder einer Pyramide mit Wacholder umgiebt. Aus jedem Hofe wird eine Person geschickt um Wacholder zu hauen, und es werden wohl bis zehn Fuder davon zusammen gebracht. Um dieses Feuer versammelt sich Alt und Jung, und es wird gescherzt und gejubelt mit Gesang und Musik bis zum Morgen. Jeder Hinzukommende bringt noch etwas mit ins Feuer zu werfen, damit es länger erhalten wird, Holz, Wacholder, Stroh. Man singt: iga üks nüüd kokku tuleb Siin, kus Jääni-tuli põleb; Kes ei tule Jaani-tulele, Selle odrad ohakased, Kaerad on kaste-heinased (nun kommt Jeder zusammen hier, wo das Johannisfeuer brennt; wer nicht zum Johannisfeuer kommt, dessen Gerste ist voll Disteln, der Hafer voll Thaugras). Man wirft auch drei besondere Klötzchen hinein, bei dem ersten sagt man tudrad tulese (die Leindotter ins Feuer), bei dem zweiten kaste-heinad kargele (das Thaugras auf das ungepflügte Land), bei dem dritten linad minu põllu peale (der Flachs auf mein Feld). Stellweise wird zum Johannisfeuer Reisig um einen Baum geschichtet, auf dessen Gipfel ein Fähnchen steht, und man versucht es mit Knütteln herab zu werfen, ehe es von der Flamme ergriffen wird; wem diess gelingt, der erwartet Glück dafür. Mancher zündet auch noch besondere Feuer an den Feldrändern an, damit der Rauch über das Feld hin ziehe und das Unkraut vertilge. Ein besonderes, mit Musik und Gesang verbundenes Spiel am Johannisabend ist nuku-mäng od. nukku jooksma, wobei ein in den Wald laufendes Mädchen von den verfolgenden Burschen gehascht wird (vgl. VII); auch sonst ziehen sich junge Paare in den Wald zurück, wobei es nicht eben decent hergeht. - Sehr beliebt ist es. am Johannisabend, auch wohl noch am Johannistag selbst, aber nicht später, neunerlei Kräuter zu sammeln, welchen besondere Kraft beigelegt wird; immer befinden sich darunter jaani-rohi, sala-koi-rohi, poi-rohi, ravanduse-rohi und kaetis-rohi (vgl. d. Lexikon). Sie dienen theils als Heilmittel für Menschen und Thiere, theils zu verschiedenem abergläubischen Gebräuche. Man steckt sie als Glücksblumen ins Dach oder in die Wandritzen oder hängt sie in kränzen an die Wand auf den Namen der einzelnen Bewohner des Hauses; wenn die einem Mädchen geweihten dort wachsen, so wird es bald heirathen, wenn die für alte Leute angebrachten vertrocknen, so sterben diese. Man giebt sie auch dem Vieh, wenn es ausgetrieben wird, und beräuchert Vieh und Fasel und Bienenstöcke (gegen Raubbienen) damit, wozu dann auch Späne aus den Thürschwellen gelegt werden. Man hängt auch Büschel davon um das Haus, um böse Geister abzuhalten; Mädchen legen sie unter das Kopfkissen, um ominöse Träume zu haben. Man sammelt auch Nesseln und andere Kräuter, fegt mit dem Besen Kohlen darunter und giebt davon im Winter den Kühen zu fressen. - Man bringt am Abend Knochen auf den Anger, um das Vieh vor Schaden zu bewahren. In der Nacht geht man auch auf das Feld und steckt belaubte Zweige hinein, man reitet um die Grenzen seines Grundstückes, bis die Sonne aufgeht. - in dieser Nacht soll auch über den in der Erde verborgenen Schätzen, ein Feuer brennen. - Melkt man heimlich Kühe, so wird ihr Eigenthümer im Sommer keine Milch von ihnen haben. - Damit die Bohnen nicht vom Rost beschädigt werden, wirft man alle scharfen Werkzeuge im Hause in den Bohnengarten. - Am Johannistage lüftet man die Kleider, welche nicht im gewöhnlichen Gebrauch sind, und meint, dass der Johanniswind sie gegen Motten bewahre.- Vor Johannis ist die Butter gelb; von Johannis an nimmt die Milch ab, denn. sagt man, Jaan võtab püti, Karus kaks, Olev hoopis (Johannes nimmt eine Schale, Karus. d. h. der Margarethentag, 13. Juli, zwei. Olaus, 29. Juli. Alles). - Man bereitet am Johannistag eine besondere Festmahlzeit, Jaani-kahi, von welcher nichts nachbleiben darf; die Reste giebt man den Hunden, und was diese nach lassen, verbrennt man. - Die Nacht vor dem Johannistage ist auch die Zeit, in welcher die Hexen besonders beschäftigt sind Böses anzustiften. - Wer am Morgen des Johannistages durch das Kummet eines schwarzen Hengstes zum Giebelloch hinaus sieht, der sieht den Teufel mit seinem Gelde beschäftigt, und wenn er mit einem Ochsenjoch darauf wirft, so wird das, was darunter bleibt, sein Eigenthum. Heina-Maarja-päev od. Puna-Maarja-päev (2. Juli). Der erste Name (Heumarientag) bezieht sich darauf, dass dann die beste Heuzeit ist, der zweite (Rothmarientag) darauf, dass dann die zum Rothfärben gebrauchten Krauter von den Weibern gesammelt werden. - Der Tag wird als ein halber Feiertag angesehen, und man macht nur Nebenarbeiten an demselben. - Er ist derjenige, an welchem zuletzt noch durch einen Regen der Schade eines dürren Sommers gut gemacht werden kann. - Man darf nicht Heu trocknen oder in Schober stellen, damit nicht der Blitz es verbrenne. - In den Küstengegenden brennt man auch Freudenfeuer wie am Johannistage. - Man muss Branntwein trinken, Maarja-puna (Marienrothe), sonst wird man sehr von den Flöhen geplagt. Mareta-päev, Karuse-p. (13. Juli). Maret ist Beschützerin der Kindbetterinnen. - Wer krankes Vieh oder sonst ein Ungemach hat, geht rücklings an ein nach Osten gerichtetes Fenster und wirft dort alte Kupfermünzen u. a. als Loskauf hin. - Mareta-päeval säb häda-leiva, Olevi-päeval saab laia leiva (am Margarethentag bekommt man ein Nothbrot, am Olaustage ein breites Brot), vgl. d. Folgende und IX, a. Maarja-Maadalena-päev, Madli-p. (22. Juli). Madleke toob häda-leiba, od. kooki, Jaagu toob suure kaku (Magdalenchen bringt Nothbrot, Jakob ein grosses Laib), vgl. IX, a. Jaakobi-päev (25. Juli), vgl. die beiden vorstehenden Tage. - Nüüd vikat varna, sirp kätte (jetzt die Sense an den Nagel, die Sichel in die Hand), denn in der auf den Jacobitag folgenden Nacht soll ein eiserner Nagel in das Gras geschlagen werden, so dass es schwer zu mähen ist. Andere sagen, mit dem Jacobitag werde die Sense für Morastheu an den Nagel gehängt und die für Wiesenheu zur Hand genommen, denn ööse lööb traati soo-heina sisse (in der Nacht fährt Draht in das Sumpfheu). - Wem man an diesem Tage einen Schober macht, so wird der Blitz ihn anzünden, vgl. 2. Juli. Olevi-päev, Olepi-p., Olu-p., Oli-p. (29. Juli). Wer irgend kann, schlachtet an diesem Tage ein essbares Thier. Wer nicht ein Schaf schlachtet, dem wird. das beste Thier der Herde sterben. - Die letzte Heuarbeit wird gethan, der letzte Heuschober beendigt, und die Feldarbeit beginnt, siis härjad ikke, ruunad rakke (dann die Ochsen ins Joch, die Pferde ins Geschirr). Lauritse-päev (10. August). Es darf zvischen Aufgang und Untergang der Sonne weder geheizt noch gekocht werden, um gegen Feuersbrunst bewahrt zu sein. Einige geben als Grund für diesen Glauben an, dass zwei Mal am 10. August der Tempel zu Jerusalem verbrannt sei. - Wenn es an diesem Tage trockenes Wetter ist, (nach Anderen, wenn es regnet), so werden viele Feuersbrünste sein. Laurits peksab reht (Laurentius drischt in der Scheune) sagt man, wenn man eine Feuersbrunst sieht. - Man geht nicht auf`s Feld zur Arbeit; nach Anderen beginnt an diesem Tage die Saat des Winterroggens (vgl. 15. August), und zwar für altes Saatkorn bei schwerem Boden. Rukki-Maarja-päev, küli-M.-p. (15. August), so genannt, weil der Tag von Mariä Himmelfahrt mitten in die Zeit der Roggensaat fällt. Pärtli-päev, Pärkmise-p. (24. August) ist der Tag der Roggensaat mit neuem Getreide in leichten Boden (vgl. 10. August). - Es werden Böcke geschlachtet. - Wenn an diesem Tage die Sonne scheint, so wird es viel Feuersbrünste geben. - Am Bartholomäustag sagt man nael heina, kivi kaevu (ein Nagel ins Heu, ein Stein in den Brunnen), d. h. das Heu wird hart. das Wasser im Brunnen rein, weil es anfängt kühl zu werden. Ussi-Maarja-päev, pisikene M.-p. (8. September). An diesem Tage sollen sich die Würmer verlieren, welche dem Roggen schaden. Matteuse-päev (21. September). Da verlieren sich Mücken und Fliegen, und alle schädlichen Thiere gehen in ihr Winterlager. - Wer. an diesem Tage Feuer anmacht, dessen Kinder und Gesinde werden kränklich. Mihkli-päev (29. September). Einige nehmen an diesem Tage das Schlachten eines Schafes vor (vgl. 29. Juli), Andere verlegen auf ihn die Feier des Georgentages (23. April). - Von welcher Seite der Wind weht, von da wird er im ganzen Jahre oder vom Winter bis Johannis herrschen. - Wenn Einer ein Schaf an diesem Tage schlachtet, so muss es bis zum Abend vollständig verzehrt sein. Mit dem Scham von den gekochten Fleische bespritzt man die Wände des Schafstalles. - Wenn der Michaelistag bei Neumond eintritt, so wird das Viehfutter nicht ausreichen. - In der Nacht sollen die Kohlköpfe um so viel wachsen, dass, wenn man einen wollenen Faden darum gebunden hat, dieser zerreisst. - Die Zeit von Michaelis, wenn es auf einen Montag fällt, oder von dem Montag darauf 4 Wochen lang ist eine Art Festzeit, hingede-aeg genannt, während welcher Manche keine Hülsenfrüchte essen und nur drei Tage in jeder Woche zum Arbeiten geeignet finden, Andere nur an den Montagabenden feiern. Wenn zu Ende dieser Zeit freundliches und gelindes Wetter ist, so erwartet man Fruchtbarkeit für das nächste Jahr, wenn es schneit und windig ist, Misswachs. Andere sagen, wenn die Geister im Wagen kämen und im Schlitten ab zögen, so bedeute das ein gutes Jahr, umgekehrt ein schlechtes. - Jeden Montag Abend wird ein Allerseelenfest gefeiert, wie unter dem 2. November geschildert ist, am höchsten den ersten und letzten Montag, den Tag über aber kann gearbeitet werden. Am ersten Montag bewirthet man die Geister mit Brei und Weizenbrot von diessjähriger Ernte; der letzte Montag heisst humalate-päev (Hopfentag), und an diesem werden ihnen Hühner oder ein Schaf geschlachtet. Im Süden ist der Gebrauch, jeden Sonnabend kilt-sanna käki' zu feiern, d. h. Mädchen sammeln allerlei Esswaaren ein, davon wird in irgend einer Küche oder Badstube ein Tractament angerichtet, zu welchem die jungen Bursche aus der Umgegend zusammen kommen, und es wird allerlei anständiger und unanständiger Scherz getrieben. - Auch der Tag eine Woche nach Michaelis ist ein Feiertag unter dem Namen kolme-ingli-päew (der Dreiengelstag). - Wenn man vor Michaelis die Ziegen um einen grossen Stein führt, so kommt bald Schnee. Kolletamise-päev (14. October) wird so genannt, weil dann das Getreide anfängt zu welken. Hingede- od. hinge-päev, hinnekeste-p. (Seelentag, 2. November). Die Seelen der Verstorbenen dürfen an diesem Tage umher gehen, daher wird ihnen eine Mahlzeit bereitet, zu welcher sie mit Namen beim ersten Hahnenschrei eingeladen werden, während die Hausgenossen hinaus gehen. Beim zweiten Hahnenschrei bittet der Hausvater sie wieder fort zu gehen, aber nicht sein Roggengras zu zertreten oder die Wurzeln zu beschädigen, leuchtet ihnen hinaus, weht jedem mit einem weissen Tuche nach und bittet sie, im nächsten Jahre wieder zu kommen. Anders wo treibt man sie auch wohl mit einem Besenstiel hinaus, wenn man meint, dass sie genug haben. Manche stellen das Essen auch auf den Boden über dem Zimmer, damit Geister und Hausgenossen aus einander gehalten werden. Wenn man am anderen Morgen zu bemerken glaubt, dass etwas davon genossen ist, so freut man sich, im Gegentheil hält man die Verstorbenen für erzürnt; in beiden Fällen verzehren nachher die Hausbewohner das Angerichtete (vgl. 9. December). - An diesem Tage gehen die Bären und andere einen Winterschlaf haltende Thiere in ihr Winterlager. Mardi-päev (l0. November). Am Abend vorher gehen die Mardid, eine Anzahl Bursche, mit Singen auch Violinspiel und in mancherlei Verkleidungen umher, um allerlei Gaben einzusammeln. Nach der Legende existiren sie seit Luther, haben ihr eigenes Land, und dürfen sich nicht am Tage zeigen, um nicht zu sehr die Leute zu erschrecken, weil sie gar zu karused (rauh) sind. Es gehen ihrer ungefähr ein Dutzend, ein Vater und eine Mutter (ebenfalls ein Bursch) mit ihren Kindern. Der Vater, auch Mardi-pukk genannt, ist in einen umgekehrten Pelz gehüllt mit einem Strohgürtel, anders wo auch ausstaffirt wie der nääri-sokk (s. Neujahr), die Mutter, auch Mardi-noorik genannt, trägt Frauenkleider und in der Hand ein Stück Hede, woraus sie Fäden dreht, die Kinder sind in alten Kleidern mit Bärten aus Hede. Der Vater ist angeblich zu arm um sie zu ernähren und muss daher betteln gehen. So zieht die Gesellschaft von einem Hause zum anderen und singt: Tere, tere, perekene! Tere, tere, taadikene! Tere, tere, eidekene! Kas on luba tuppa tulla, Alla räästade ajada? kui ´p ole luba tuppa tulla, Alla räästade ajada, Siis võta pinda parresta Ja puhu sa tuli tubaje. Mardi küüned külmetavad, Varba-luud valu teevad, oder Mardi varbad valutavad (sei gegrüsst, kleiner Hof! sei gegrüsst Väterchen! sei gegrüsst Mütterchen! ist es erlaubt in die Stube zu treten, unter das Vordach zu kommen? wenn es nicht erlaubt ist in die Stube zu treten, unter das Vordach zu kommen, so nimm Splitter von der Stange, blase ein Feuer an in der Stube, Martins Nägel frieren, die Zehenknochen schmerzen, od. Martins Zehen schmerzen). Oder: Mart ei tule maki pärast; Mart tuleb oma seadust mööda, Mart ei tule sööma pärast, Mart tuleb lapsi hirmutama, Mart ei tule jooma pärast, Mart tuleb karja õnne pärast. Tuppa tema viskab vilja õnne, Katusele karja õnne. Mart ei võta midagi, kui ei anta temale. Laske Mardid sisse tulla, Mardi küüned külmetavad, Mardi varbad valutavad. Mardid käivad igal pool, Marti ei või ükski keelda, Kes siis keelab, Mart siis maksab. Kui ei anta makkisi, Mart siis peksab häästi (Martin kommt nicht wegen der Wurst, M. kommt seiner Vorschrift gemäss, M. kommt nicht des Essens wegen, M. kommt die Kinder zu schrecken, M. kommt nicht des Trinkens wegen, M. kommt wegen des Gedeihens der Herde. In die Stube wirft er das Gedeihen des Getreides, auf das Dach das Gedeihen der Herde. Martin nimmt nichts, wenn es ihm nicht gegeben wird. Lasset die Martine hinein kommen, Martins Nägel frieren, Martins Zehen schmerzen. Die Martine gehen überall, den Martin kann Niemand hindern, wer ihn dennoch hindert, dem vergilt er es. Wenn man nicht Würste giebt, so prügelt er tüchtig). Sie haben dazu schon Ruthen in den Händen, mit welchen sie tüchtig zuschlagen; auf dieselbe Weise erbitten sie sich Bänder, Garn u. a. - Oder der Mardi-isa (s. oben) wirft eintretend eine Hand voll Unterkorn (das schlechteste Getreide) in die Stube und spricht: sisse viskan seeme-vilja, head odrad, kaunid kaerad, veel paremad rukkid (hinein werfe ich das Saatkorn, gute Gerste, schönen Hafer, noch besseren Roggen). Beim Hinausgehen tanzen sie und singen Glück wünschend: seie tõusku tõmmud härjad, sead pitkad siiukad, lambad lahke villaga (hier mögen erstehen schwarzrothe Ochsen, Schweine lang und schlank, Schafe mit weicher Wolle). - in einigen Gegenden backt man besondere Mardi-kakud (Martinsbrote) von Gerste und Weizen, eins für die Martinsbettler, die übrigen für das Hausgesinde. Ausserdem giebt man ihnen auch ein Licht, einen Flachszopf, Kartoffeln, Bohnen, Erbsen, Schinken u. a.; Einige bitten auch um enne-Jaani-päevast päitsik-lehma üdi (Mark der weissstirnigen Kuh von vor Johannis her) d. h. Butter. - In der Zeit zwischen Martini und Weihnachten hält man männi-toad (Spielstuben), Kränzchen mit Tanz, Spiel und Trinken. Kadri-päev, Kadrina-p. (25. November). Einen ähnlichen Umzug, wie die jungen Bursche vor Martini, halten die Weiber am Abend vor dem Katharinentage. Sie haben eine Führerin, Kadri, diese harnt in der Stube auf einen Besen (vielleicht eine Anspielung auf das an diesem Tage gewöhnlich Statt findende Thauwetter, vgl. X), und spinnt einen Faden mit einer Spindel oder einem Spinnrocken, welche mitgenommen sind, die Anderen treiben allerlei Possen und singen, wie: Kadri tulnud kaugeelta Läbi soo ja läbi raba, Nüüd Kadri küüned külmetavad, Kadri varbad valutavad, Sõrme-otsad sõitelevad. Kadril kaskene hobune, Rämmelgane reekene, Pihlakane piitsukene, Toomingane loogukene, Sukad sõlmitud jalas, Kindad käpardi käes (K. ist von weitem her gekommen durch Sumpf und durch Moor, jetzt frieren K. Nägel, K. Zehen schmerzen, ihre Fingerspitzen beben. K. hat ein Pferd von Birken, ein Schlittchen von Weiden, ein Peitschchen von Vogelbeeren, ein Krummhölzchen von Traubenkirschen, die Strümpfe sind verknotet am Fuss, die Handschuhe zusammengeballt an der Hand). Man giebt ihnen reichliche Geschenke an Wurst, Fleisch, Brot, Butter u. a., denn in ihrer Hand ruht zum Theil das Glück des Hauses, da Katharine die Beschützerin der Herden ist, und wenn sie nicht befriedigt werden, so schimpfen und fluchen sie. - Anders wo kommt Kadri-hani (Katharinengans) vor, d. h. sie machen eine Gans aus Stroh mit Federn umgeben, gehn damit in die Häuser und lassen die Kinder lesen, wofür sie dann Gaben bekommen, wie oben. - Weil Katharine Patronin der Herden ist, so werden an diesem Tage die Schafe geschoren. - Spinnen darf man nicht an diesem Tage und dem vorhergehenden, weil das den Schafen Schaden bringen würde, und Jäger mögen kein Wild schiessen, weil sonst in diesem Jahre die Flinte nicht gut treffen würde. - Wenn nach dem Katharinentag die Pleiaden herunter sehen (?), so werden viel Mädchen verheirathet werden. Andruse-päev (30. November) wird von Einigen als ein Feiertag und als der Anfang des Winters angesehen. Das Thauwetter des Katharinentages soll nur bis dahin währen (vgl. X). Nigula-päev (6. December). Nicolas wird als Patron der Rinderherden angesehen, daher beim Verschneiden der Ochsen um Hülfe zum Gedeihen angerufen. - Dieser Tag bildet den Schlussstein des eingetretenen Winters, von wo an der Boden gründlich und dauernd fest und hart geworden ist (vgl. X). Nigula-Maarja-päev (8. December). Mit dem Tage nach Mariä Empfängniss beginnt anders wo (vgl. 2. November) hinge-aeg, h.-päevad (Zeit oder Tage der Seelen). Zugleich berücksichtigt man dabei den Kõu (Donner), Man breitet Stroh über den Fussboden und vermeidet Geräusch und geräuschige Arbeit, sogar lautes Sprechen, weil sonst im nächsten Sommer Kõu mit häufigem Gewitter strafen würde. Luutsina-päev, Luutsna-p. (13. December). An diesem Tage hüten sich Einige davor ihre Ochsen an zu schirren, damit nicht die Hörner sich abreiben und abbröckeln (vgl. Aschermittwoch). - Ein besonderer Scherz ist Luutsinat lakast kotti ajama (Lucie vom Boden des Hauses in den Sack stecken), womit nach Einiger Meinung zugleich alles Böse von dem Boden weg geschafft wird. Er besteht darin, dass man Einen, der die Sache noch nicht kennt, heisst einen Sack mit der Mündung nach oben unter der Luke des Bodens bereit halten, um die Lucie auf zu fangen, und dass man ihm, während er wartet, einen Eimer Wasser über den Kopf giesst mit dem Vorgeben, Luutsin sei geplatzt. Tooma-päev (21. December). Der schmutzige Thomas wird hinausgetrieben, d. h. das Haus wird gründlich gereinigt für's Weihnachtfest. - Der Thomas wird auch als Verderben und Tod bringend angesehen, daher toone-Toomas mind pärib (der Todesthomas erwirbt mich), d. h- ich werde sterben. Tooma kange käsi (des Thomas starke Hand) ist die Pest; Toomas ei puudu (Thomas berührt nicht) sagt man, wenn Einer nicht von der Pest ergriffen ist; Toomas läind törde (Thomas ist in den Bottich gegangen), darum wagt man nicht an diesem Tage Bier zu brauen. - Anders wo thut man diess gerade und bewirthet die Nachbaren, damit die Pferde und auch die anderen Hausthiere gedeihen. - Man kocht nicht Suppe mit Kartoffeln oder anderem Gemüse, sonst werden im Sommer die Hühner des Kohl weg fressen. - Es 'wird auch an diesem Tage ein Ziegenbock geschlachtet mit besonderen Ceremonien. - Dieser Tag wird auch nõgi-kuke-päev genannt, weil aller Russ (nõgi) und Staub hinaus gefegt werden sollte. Eine Person, nõgi-kikas (Russhahn) genannt, ging von Haus zu Haus und überzeugte sich, dass die Reinigung gehörig vorgenommen war. Der Monat von Michaelis bis Simon Juda (29. Sept. bis 28. October) heisst hinge-kuu od. hingede-kuu (Seelenmonat); wer in dieser Zeit nicht die Seelen der Gestorbenen bewirthet (vgl. 2. November und 9. December), dem gedeiht die Feldarbeit nicht. Der Februar wird bezeichnet als hundi-jooksu-kuu (Monat, wo die Wölfe läufisch sind), und von den in diesem Monat Geborenen meint man, dass sie nicht recht beim Gebrauch ihres Verstandes sind. - Vom Februar an wird nicht mehr gefreit, veil man sonst immer frieren würde. Während der Saatzeit im Frühjahr darf man kein Kleidungsstück nach Sonnenaufgang waschen, sondern nur vorher, auch nicht in die Badstube gehen. Auch den einzelnen Wochentagen wird ihre besondere Bedeutung beigelegt. Von den an ihnen geborenen Kindern hat man den Spruch: püha-päev püha od. põdev, esmas-p. edev, teisi-p. tõsine od. tegija, kesk-nädal kehv od. kidu, neljas-p. näljane, reede rikas od. risti-alune, lau-päev laisk od. ladus (Sonntag heilig od. kränklich, Montag kokett od. voreilig, Dinstag wahrbaft od. arbeitsam, Mittwoch arm od. schwächlich, Donnerstag hungrig, Freitag reich od. ein Kreuzträger, Sonnabend faul od. freundlich). Am Montag wird keine Arbeit begonnen, keine Reise angetreten, kein Kind zur Taufe gebracht, man geht nicht zur Verlobung, zieht nicht in ein neues Haus, bringt kein Thier aus einem Stall in den anderen, fängt keinen Hausbau an, hält nicht Hochzeit, bringt nicht die Braut in einen anderen Hof, nimmt nicht Knechte oder Mägde, Hunde oder Katzen an, treibt im Frühjahr nicht das Vieh aus, bringt es nicht im Herbst in den Stall. - Dienstag, Donnerstag und Sonnabend geht man freien. - Mittwoch setzt man kein Huhn zum Brüten, bevor die Herde nach Hause gekommen ist, sonst werden die Eier faul. - Am Donnerstagabend arbeitet man nicht, namentlich wenn man spinnt, so gedeihen die Schafe nicht, sie bekommen die Drehkrankheit, oder der Wolf frisst sie, man darf auch überhaupt kein Rad drehen, sonst bekommen sie auch die Drehkrankheit. Der Donnerstag wurde früher wie ein Sonnabend angesehen, die Feier begann am Abend und dauerte 24 Stunden, wie der jüdische Sabbath um einen Tag später; was in dieser Zeit gearbeitet wird, kommt dem Juudas (Teufel) zu Gute. Früher spielte man nur am Donnerstag die Sackpfeife. Man darf nicht in die Badstube gehen, sondern thut diess statt dessen am Mittwoch. Man darf nicht freiwillig mit einem Pferde arbeiten, sonst bekommt es einen Schaden; auf Befehl der Gutsherrschaft verrichtete Arbeit schadet nicht. Man darf nicht pflügen, sonst verlieren die Ochsen die Hörner (vgl. noch XII, XIII, XIV, XV). - Freitag ist ein Unheilstag, an welchem man auch Alles vermeidet, was oben bei Montag angesehen ist; aber doch wird, wer immer an diesem Tage die Nagel beschneidet, von Zahnschmerz verschont bleiben. Wenn man an diesem Tage eine Viehmagd annähme, so würde der Wolf der Herde Schaden thun, und wenn man in die Badstube ginge, so würde sich das Wasser in Blut verwandeln; nach Anderen geschieht diess am Sonnabend Abends für den, welcher der Letzte ist, oder wenn es ein Frauenzimmer ist, so wird es der Teufel sich zum Weibe nehmen; nach Anderen wird, wenn man Sonnabends in die Badstube geht, das in den Gefässen zurückgebliebene Wasser zu Blut, wenn man sie nicht umkehrt. Am Sonnabend darf man auch Abends keinen Strumpf stricken. - Das Verkaufen eines Thieres darf nur an einem Werkeltage geschehen. Viel Einfluss schreibt man bei allerlei Handlungen der Zeit des wachsenden oder abnehmenden Mondes zu, worüber IX, a zu vergleichen ist. |