Aus dem innerem und äusseren Leben der Ehsten
F. J. Wiedemann


Inhalt

Vorwort

1. Sprichwörter und sprichwörtliche Redensarten, Sentenzen, geflügelte Worte

2. Umschreibende, bildliche und verblümte Bezeichnungen und Redensarten

3. Sprichwörtliche Vergleichungen

4. Wünsche, Verwünschungen, Betheuerungen, Spitznamen

5. Räthsel

6. Deutungen von Vogelstimmen und anderen Lauten, Buchstaben

7. Spiele

8. Gebräuche bei Vorkommnissen des Familienlebens

9. Haushalt
a) Regele und Gebräuche
b) Omina für den ländlichen Haushalt

10. Witterungsomina

11. Bedeutung gewisser Zeiten und Tage im Jahr und was an denselben gethan oder unterlassen werden muss

12. Heilmittel, natürliche und sympathetische

13. Zauber und Mittel dagegen

14. Heilige und bedeutungsvolle Stellen, Opfer und Gebräuche bei denselben

15. Uebermenschliche Wesen

16. Abergläubische Vorstellungen von natürlichen Wesen und Naturerscheinungen

17. Abergläubische Vorstellungen von Andeutungen dessen, was geschieht oder geschehen wird (Omina, Orakel)

18. Verschiedene abergläubische Gebräuche und Vorstellungen von Ursachen und Wirkungen

VIII. Gebräuche bei Vorkommnissen des Familienlebens

Bei der Geburt eines Kindes hatte früher noch mehr als jetzt die Mutter zu leiden unter der unverständigen und rohen Behandlung der helfenden Weiber. Sie wurde bei schweren Geburten geschüttelt und gerüttelt, unter den Armen aufgehängt, man liess sie Purzelbäume schlagen u. d. gl.

Bei der Geburt legt die Hebamme etwas Grütze und Hopfen in ein Gefäss mit Wasser und besprengt damit die Anwesenden. Während das Neugeborene gebadet wird, muss Salz auf den Ofen geworfen sein, sonst bekommt das Kind Ausschlag. Das Badewasser, in welches Einige einen Gegenstand von Silber legen, darf keinem Thiere zugänglich gemacht werden; es wird im Zimmer unten an den Wänden umher gespritzt, das übrige giesst man heimlich fort an eine Stelle, wo “der Wind nicht darüber geht”. Einige werfen es, wenn das Kind ein Knabe ist, in die Höhe, damit er gross werde, wenn ein Mädchen, breit aus einander, damit es viele Freier bekomme, oder gegen die Sonne auf das Dach, damit es gerühmt und jung verheirathet werde. Andere sprengen davon vor dem Weggiessen auf die Fenster, damit nicht Dämmerschein und Mondlicht dem Kinde schade. Nach dem Waschen muss ein Vaterunser gebetet und ein Kreuz geschlagen werden gegen Nachstellung des Teufels. Die Wöchnerin muss schwarze Kleider tragen, damit ihr der böse Blick nicht schade. Die Frauen, welche ihr einen Wochenbesuch machen, bringen ihr einen Brei mit, worauf vier gekochte Eier umher gelegt sind mit einem fünften in der Mitte, auch Geld, “hamba-raha” (Zahngeld); das Letzte thun auch die Taufgäste. So lange ein Kind ungetauft ist, darf man es nicht allein lassen, und es muss ein Licht bei ihm brennen, “risti-tuluke” (Kreuzfeuer), sonst kommt der Böse und vertauscht es mit einem Kinde von Erlenholz. Die Mutter hält es eben deshalb auch so viel wie möglich im Arm und bekreuzigt es.

Findet die Taufe zu Hause Statt, so muss der Vater das Wasser bringen, er darf aber nichts davon verschütten, damit der Täufling nicht vomire. Gewöhnlich aber ist die Taufe in der Kirche, und kann die Mutter selbst nicht dabei sein, so nimmt ein anderes säugendes Weib das Kind an ihre Brust und fährt oder reitet damit zur Kirche. Dort werden dem Kinde die Hände aus den Wickeln los gemacht, es wird in die Höhe gehoben und gehätschelt, damit es zur Arbeit kräftig werde. Man giebt ihm in der Mütze oder in den Strümpfen oder in dem Wickeltuche Schwefel oder Asa foetida mit oder räuchert es damit, gegen Verzauberung und böse Geister, man steckt ihm eine Brotrinde in den Busen, nimmt auch, wenn es gerade Sonntag ist, Brot mit für die Kirchenbettler, damit es dem Täufling später im Leben nicht an Brot fehle. Die Mutter giebt nach der Taufe dem Kinde etwas davon, damit es klug werde. Wenn man von der Taufe nach Hause kommt, so müssen die Gevatter schnell die Röcke ausziehen, auch umher tanzen und singen, dann wird das Kind munter und behend sein. Sie bringen den Eltern den Gruss “jumal saatis palju tervist ja käskis lapse ilusaste üles kasvatada isa ema rõõmuks ja suure jumala auuks” (Gott lässt vielmals grüssen und befiehlt das Kind gut zu erziehen den Eltern zur Freude und dem Grossen Gotte zur Ehre), worauf sie etwas Brot mit Salz bekommen. Ist das Kind ein Mädchen, so wird nur ein Schooss voll Holz in den Ofen gelegt, und man wirft Strümpfe, Handschuhe u. a. auf den Ofen, damit es flink und arbeitsam werde.

Der Tag nach der Taufe geben Alle in die Badstube, und die Taufmutter oder die Hebamme giebt bei dieser Gelegenheit dem Vater tüchtig Ruthen für die Schmerzen, welche er der Gebärenden veranlasst hatte. Alle müssen sich beim Baden den Kopf tüchtig nass machen, das benimmt dem Kinde die Thränen. Als Namen giebt man dem Kinde gern den des nächst folgenden “täht-päev” (bedeutungsvoller Tag, vgl. XI), damit es langmüthig wird, und man den Geburtstag besser behält. Dem ersten Sohne giebt man den Namen des Grossvaters, damit er sich seines Vorfahrs erinnere und ihn ehre. Die erste Tochter ist neitsi-laps (Jungfernkind), die letzte tuha-kott (Aschensack), so wie der letzte Sohn taadi tuha-kott (des Vaters Aschensack). Diese letzten Kinder bekommen den Namen der Mutter resp. des Vaters, und sollte nachher noch ein Kind geboren werden, so ist das viimne tuha-kott (der letzte Aschensack).

Wenn es zum Sterben geht mit einem Kranken, so legt man ihn, um den Tod zu erleichtern, neben das Bett auf Stroh, dessen Halme der Länge nach liegen müssen (daher pitkad õled, langes Stroh), mit dem Kopfe niedrig, wäscht ihm den Todesschweiss mit kaltem Wasser ab, fegt den Fussboden, streut Blumen darauf, öffnet die Thür, damit die Seele ungehindert hinausgehen könne, und wartet nun den Tod ab. Weht draussen ein Wind, wenn drinnen Jemand verscheidet, so nennt man das hinne-tuul (Seelenwind). Ist im Zimmer ein Spiegel, so wird er verhängt, damit nicht der Tod daraus bersorschaue.

So lange eine Leiche noch nicht beerdigt ist, darf im ganzen Dorfe Niemand arbeiten, daher ruft man den Tod eines Bewohners desselben sogleich einander zu in die Häuser. Ist der Todte sehr geliebt worden, so legt man ihm Wolle in den Sarg und bindet um das Kopfende einen Faden kreuzweise. Sonst legt man in den Sarg auch noch, wenn ein Mann gestorben ist, Branntwein, ein Beil, das Rasirmesser und anderes Geräth, das ein Ueberlebender doch nicht gebrauchen dürfte, wenn es ein Weib ist, einen Arm voll Späne, eine Nadel, Zwirn und Lappen zu Ausbessern ihrer Kleider auf dem Wege, beiden Geschlechtern ein Kreuz auf die Brust von Strohhalmen oder Spänen, Seife, Kopfbürste, Badebesen, etwas Geld (valgust, d. h. Weisses), womit man, bevor man es neben die Leiche legt, einen Kreis um Kopf und Hände beschreibt, auch Speise (eiad) und Sachen, die dem Verstorbenen im Leben lieb gewesen sind. Man zieht ihm das Hemd an, in welchem er gestorben ist, Eheleuten das Hochzeitshemd, und giebt ihm einen angebrannt gewesenen Kienspan in die Hand, damit er sehen könne durch das dunkle Todesthal zu gehen. Die Nadel, mit welcher das Leichentuch um die Leiche zusammen genäht ist, bleibt darin. Wenn der Sarg zugenagelt wird, so schlägt Jeder noch ein Paar Mal auf den Nagel, und wer nicht selbst schlagen kann (wie Kinder) dem leitet man die Hand dazu. Wenn der Sarg zum Hinausführen auf den Wagen gelegt ist, so nimmt man zuletzt noch einen Hahn und haut ihm hinten auf dem Wagenbrette mit einem Beile den Kopf ab, damit der Todte die Nachbleibenden in Ruhe lasse und nicht wieder zurück komme; zu demselben Zwecke giesst man auch dem abfahrenden Wagen einen Eimer Wasser nach, oder schlägt, wenn der Sarg hinaus getragen wird, einen Nagel in die Thürschwelle, was zugleich zur Uebersicht dient, wie viel Todte aus dem Hause getragen sind. Ist der Wagen ins Thor gekommen, so wirft man mit der Kanne Bier oder mit einem Glase Branntwein unter die Räder, damit der Gestorbene nicht in jener Welt sich auf den Trunk lege. In Allentaken sass die Tochter auf dem Sarge des Vaters und rief: warum bist du gestorben? hattest du nicht alles Nöthige, Brot, Fleisch, Erbsen u. s. w. - Wenn im Winter der Leichenzug einen Richtweg über einen Acker zu nehmen hat, so machen die Begleiter lieber den Umweg auf der verschneiten Landstrasse, sonst könnte das Getreide grossen Schaden leiden. Vor dem Wegführen der Leiche darf man nicht die Stube fegen, Wäsche waschen oder die Badstube heizen; nachher stellt man eine kleine Fichte neben die Hausthür. Das Stroh, worauf Einer verschieden ist, und die Bretter, auf welchen die Leiche gelegen hat, müssen sogleich nach dem Fortbringen des Sarges hinaus getragen und auf dem Wege, den der Leichenzug eingeschlagen hat, verbrannt werden, sonst stirbt bald wieder Jemand im Hause. - An einigen Orten hat man auch auf das Grab Gaben für den Verstorbenen nieder gelegt, Flaschen mit Branntwein, Kopfbürsten, Blumen u. a. Das auf dem Grabe errichtete Kreuz wird mit bunten Fäden bewickelt. In das Trauerhau szurück gekehrt, schwingen die Begleiter der Leiche die auf dem Rückwege abgeschnittenen Zweige und rufen den Hausgenossen zu: sterbet nicht, es ist auf dem Gottesacker kein Raum für euch! -

Freierei und Hochzeit sind wohl von allen Begebenheiten im häuslichen Leben der Ehsten diejenigen, welche am wenigsten von dem alten dabei beobachteten Ceremonial eingebüsst haben, und verhältnissmässig am meisten scheint sich davon auf den Inseln erhalten zu haben, von wo ich auch die vollständigsten und ausführlichsten Schilderungen habe, und vielleicht noch sonst in den von Städten abgelegenen Gegenden. Die Gebräuche dabei sind nicht überall dieselben, und was ich hier gebe, umfasst besonders das auf den Inseln und an der gegenüber liegenden Küste Gebräuchliche, und man mag damit die Schilderungen Anderer vergleichen, auf welche in den “Ehstnischen Volksliedern” von H. Neus S. 272 hingewiesen ist, namentlich die ausführliche Beschreibung der Hochzeitsgebräuche im Inneren von Ehstland (Wierland) von Dr. F. Kreutzwald im “Inlande” 1852. Den von Neus genannten Schriften können noch hinzugefügt werden Dr. J. W. L. von Luce “Wahrheit und Muthmassung, Beytrag zur ältesten Geschichte der Insel Oesel”, A. W. Hupel “Topographische Nachrichten von Lief- und Ehstland” Bd. II, J.H. Rosenplänter “Beiträge zur genaueren Kenntniss der ehstnischen Sprache” Heft XI, Holzmayer “Osiliana” (Bd. VII Heft 2 der Verhh. der gel. estn. Gesellschaft in Dorpat).

Im Alterthum wurden die Mädchen geraubt, und auf der Insel Mohn wird noch jetzt jährlich ein “tõmbamise aeg” (Entführungszeit) mit Trinken gefeiert. Konnten die auf das Geschrei der Geraubten Nachsetzenden sie nicht befreien, so blieb sie die Nacht mit dem Räuber zusammen und durfte am anderen Morgen entscheiden, ob sie definitiv bei ihm zu bleiben, oder in das Elternhaus zurück zu kehren vorzog.

Auch gegenwärtig geschieht die Freierei im Dunkeln, “damit es Niemand merke”, meist zur Zeit des Neumondes, an einem Dienstag, Donnerstag oder Sonnabend. Ist der Antrag des Brautwerbers (nina-mees) genehm, so zündet der Hausvater einen Kienspan an, weckt das Gesinde und ruft die Umworbene, welche einige Mal vor dem Brautwerber auf und ab zu gehen sucht, um damit das Hausregiment zu erlangen. Bald nachher erscheint er an einem eben solchen Tage ebenfalls am Abend wieder in Begleitung des Bräutigams, mit einer Branntweinsflasche und Weissbrot. Er muss irgend eine Geschichte erdichten und seinen Antrag in verblümter Weise vorbringen, als käme er um eine verlorene Kuh zu suchen u. d. gl. Man nimmt sie höflich auf, deckt den Tisch und die beiden Ankömmlinge schicken sich an mit dem Branntwein zu bewirthen; die Annahme bedeutet das Jawort. Der Bräutigam lässt der Braut Geld zum Pfande, und sie giebt ihm eine Schürze und ein Tuch, womit das Geschäft abgeschlossen ist. Am nächsten Sonntag wird der Kirchgang gebalten. Die Braut sitzt mit dem Begleiter des Bräutigams (isa-mees, säe, saja-vanem “Bräutigamsvater”) in dem einen Wagen, der Bräutigam mit der Begleiterin (kõrvane) der Braut in dem zweiten, der Bruder der Braut (oder dessen Stellvertreter, wenn sie keinen hat) beschliesst den Zug zu Wagen oder zu Pferde; auf der Rückfahrt sitzen Braut und Bräutigam zusammen. Früher waren alle diese Personen beritten. Einige nehmen ein Brot mit für die Kirchenbettler, Andere etwas Brotkrume, Schwefel und Asa foetida gegen Verhexung. Alle haben Handschuhe an, und beim Wechseln der Ringe werden auch die Handschuhe gewechselt. Vor der Abfahrt verabschiedet sich die Braut von ihren Eltern, und es werden einige Verse gesungen. Bei der Rückkunft wünscht man den Zurückgebliebenen von Seiten des Gotteswortes gute Gesundheit, die Braut schenkt dem “Bräutigamsvater” ein Paar Handschuhe, und und dann wird bis zum Abend fröhlich geschmaust, wobei in der Regel eine Biersuppe nicht fehlen darf. Davon nimmt zuerst der Bräutigam einen Löffel voll, dann eben so die Braut mit demselben Löffel, worauf sie ihn zu Boden wirft, und der Bräutigam mit dem Fusse darauf tritt; zerbricht der Löffel nicht, so ist das eine Vorbedeutung davon, dass die Ehe nur kurze Zeit dauern wird. Gegen die Nacht beschenkt der Bräutigam die künftige Schwiegermutter und begiebt sich nach Hause, oder er bleibt auch wohl zur Nacht mit der Braut auf dem Bodenraum des Hauses und geht erst am Morgen fort, mit eben so viel Brot beschenkt, wie er mitgebracht hatte.

Die Verlobungen sind gewöhnlich im Frühjahr, die Hochzeiten erst im Herbst darauf. Zur Erntezeit holt der Bräutigam die Braut auf dem Pferde hinter sich für einige Tage in sein Haus ab, damit sie ihm bei der Ernte helfe, und er beobachten könne, ob sie eine tüchtige Arbeiterin ist. In der Zwischenzeit zwischen Verlobung und Hochzeit bringt er ihr auch ein Pfund zum Schnupfen zerriebenen und einige Pfund zum Rauchen zerschnittenen Tabak. Die Braut macht sich dazu ein verziertes Horn für den Schnupftabak und einen hübschen Tabaksbeutel, um damit in den Dörfern umher zu gehen und sich gezupfte Wolle zu erbetteln. Sie sucht sich dazu eine von dem Bräutigam bezahlte Gesellschafterin (kaasa-naene, eel-käija), und während sie selbst immer schweigend emsig strickt, wendet ihre Begleiterin alle Schmeichel- und Redekünste an, um die Leute zum Geben zu bewegen, auch wohl mit Gewalt von ihrem Tabak in die Nasen und Pfeifen stopfend. Auf dem Festlande ist statt des Tabaks Branntwein gebräuchlich oder der kosija-kakk (Freierskuchen). Sie führt einen Sack mit sich für die Wolle und andere Geschenke (Flachs, Zeug, Strumpfbänder, Handschuhe), und die künftige Schwiegermutter schenkt der Braut wohl auch noch ein Pfund blaues Wollengarn. Zuletzt, im Herbst, kaufen Braut und Bräutigam gemeinschaftlich den Brautstaat ein. Von der erbettelten Wolle wird eine Decke gewebt und strickt die Braut die Geschenke, welche sie auf der Hochzeit an die Gäste von Seiten des Bräutigams vertheilt. Das Bett muss der Bräutigam mit seinem Vater beschaffen und zwar ein recht starkes, damit es nicht zerbricht bei der Probe, welche der Bruder der Braut damit macht.

Nachdem die vorhandenen Brautpaare bei dem Prediger noch ein Examen im Lesen und im Katechismus bestanden haben, werden sie an einem Sonntage in der Kirche getraut, die Hochzeit im Hause ist bisweilen erst mehr oder weniger Tage später, die Gäste dazu müssen aber schon vor dem ersten Aufgebot geladen werden, besonders die Brautjungfer, welche der Braut beim Stricken der Geschenke behülflich ist. Beim Brauen des Hochzeitbieres wird mancherlei beobachtet. Wenn der Hopfen in den Kessel gelegt wird, ruft der Hansvater “õitsa oeh!” (heisa he), damit das Bier stark werde, und die dabei Beschäftigten haben rothe Handschuhe an. Wird das Gekochte in den Bottich gegossen, so legt man drei glühende Kohlen auf den Boden gegen Hexerei, und Niemand darf dabei sprechen, bis das Bier gärt. Kurz vor der Hochzeit wäscht die Braut das Hemd des Bräutigams in dessen Hause.

Das Hochzeitfest beginnt schon in der Nacht mit dem Abholen der Braut und des Brautkastens. Dazu gehören folgende Hauptpersonen und Functionäre von Seiten des Bräutigams: l) dieser selbst (peig-mees), 2) der “Bräutigamsvater” (saaja-vanem, säe, isa-mees), 3) die “Bräutigamsmutter” (saaja-naene), 4) der Marschal (peiu-pois), 5) die Brautjungfer (pruut-tüdruk, kõrvane, saaja-nadu), 6) der Kastenführer (kirstu-mees) und 7) der Spielmann (pilli-mees, männi-mees). Alle Theilnehmer an dem Zuge werden von dem Bräutigam mit Pässen versehen (Fellstückchen u. d. gl.). Etwa eine halbe Werst vor dem Gehöft, wo die Braut wohnt, machen sie Halt, und zwei Berittene mit Degen an der Seite und Bierkannen in der Hand gehen als Späher voraus. Sie finden Alles verschlossen und verbaricadirt, man jagt sie fort und schiesst mit Flinten hinter ihnen her. Sie kommen aber wieder, und das dritte Mal lässt man sie ein, worauf dann die Uebrigen folgen. Auch sie finden Anfangs Widerstand, ihr Schiessen wird von dem Vater der Braut und ihren Gästen, welche die Festung vertheidigen, erwieden. Da die Ueberrumpelung somit nicht gelungen ist, so legen sich jene auf's Bitten. Sie möchten nur eine Kuh suchen oder sonst etwas, oder bitten als Fremde um ein Nachtlager. Man entschuldigt sich mit Mangel an Raum und sucht sie durch allerlei Kreuzfragen zu verwirren. Nachdem unter mancherlei Scherz- und verblümten Reden der grösste Theil der Nacht vergangen ist, erscheint endlich der Hausvater mit einer grossen Kanne voll Bier, dem “Pass”. Der kirstu-mees (Kastenführer), welcher die Verhandlung führte, lässt Alle davon schmecken, und den Rest bekommen die Zuschauer. Nun ziehen die Fremden ein, die Braut begiebt sich auf den Hof unter die zuschauenden Mädchen und wird unter Wechselgesang mit diesen von der saja-naene (Bräutigamsmutter) hervor geholt. Die beiden mit Degen Bewaffneten (s. oben) stellen sich, diese kreuzend, an die Thür, die Braut muss drei Mal unter denselben durchlaufen und sich dann verstecken, während die saja-naene jedem der Zuschauenden ein Stück von dem Brautkuchen abschneidet Die in ein mit Spangen befestigtes weisses Betttuch gehüllte Brautjungfer wird von dem “Bräutigamsvater” an den Eingang geführt und begiebt sich zu der Braut. Nach dem Morgenimbiss fährt man zur Trauung. Die saja-naene steckt der Braut heimlich von allen Speisen etwas in die Tasche, und auf der Rückkehr aus der Kirche isst sie davon etwas (leiba ja leiva-kõrvast Brot und Zubrot), dann wird sie während der Schwangerschaft nicht von Uebelkeit geplagt werden. Beim Hineingehen in die Kirche halten sich Alle dicht an einander, eben so Braut und Bräutigam bei der Trauung, damit nicht der Teufel oder böse Menschen dazwischen kommen. Beide müssen vor dem Altare zugleich niederknien, wer es früher thut, stirbt eher, eben so wer nach der Trauung zuerst einschläft. Wenn während der Trauung die Braut den linken Fuss auf den rechten des Bräutigams oder beim Eintritt ins Haus den Fuss zuerst auf die Schwelle setzen kann, so wird sie das Hausregiment führen. Beim Hinausgehen aus der Kirche lässt sie ein unter der Achsel gehaltenes Stück Geld fallen gegen Zauberei und böses Auge. Sie nimmt auch Brot mit in die Kirche, vertheilt es, nimmt den Rest nach Hause und giebt ihn dem Vieh, damit die Ehe mit Brot gesegnet sei und das Vieh gedeihe. Mädchen, welche mit ihrem Kleide in der Kirche an das der Braut streifen, sollen bald selbst Bräute werden. Bei der Trauung sucht die Braut, während sie vor dem Altare knien, den Rockschooss des Bräutigams unter ihr Knie zu bekommen, damit, wenn sie schwanger wird, die Belästigung dabei auf den Mann falle. Wenn bei dem Rückweg durch die Kirche Jemand zwischen ihnen hindurch geht, so werden sie uneinig leben.

Ist die Gesellschaft aus der Kirche zurück gekehrt, so wird wieder gegessen. Bevor man sich zu Tische setzt, wird gesungen, und die saja-naene bestreicht ein Stück Brot mit Butter, giebt jedem der beiden Vermählten die Hälfte davon und fügt dazu einige Ermahnungen zum einigen Zusammenleben. Die Neuvermählten bekommen auch einen gemeinschaftlichen Napf voll Suppe zum Auslöffeln, und wer dabei die meisten Löffel voll genommen hat, wird den Anderen überleben. Diejenigen, welche gegessen haben, räumen ihren Platz den später Gekommenen ein. Etwas später gegen Abend kommt noch die Hauptmahlzeit, bei welcher eine Fleischsuppe mit Klösen, Kartoffeln und Erbsen die Hauptspeise bildet, Männer und Weiber sitzen an verschiedenen Tischen, bei den Letzten aber befindet sich auch der Marschal der Braut (saadik, Begleiter) und der Führer des Brautkastens. Nach dieser zweiten Mahlzeit oder auch nach der ersten wird der Braut die Haube aufgesetzt, entweder von ihrer Mutter oder von ihrem Marschal, mit den Worten: unusta und ja mälesta mütsi (vergiss den Schlaf und denke an die Haube). Vorher wird die Haube ihr drei Mal unter den Füssen hindurch gezogen, oder sie wirft sie auch zwei Mal zu Boden und behält sie erst das dritte Mal auf dem Kopfe. Auf dem Festlande bekommt sie auch eine Schürze, und diess wird wieder eine Veranlassung zum Geldgeben; man sagt: andke põllele auu (erweist der Schürze Ehre), oder põllel on auk, andke põlle-lappi (die Schürze hat ein Loch, gebt einen Schürzenlappen). Während der Ceremonie des Haubens sitzen Braut und Bräutigam auf Stühlen, unter welchen ein Badebesen und eine alte Kupfermünze liegen. Zum Mahle wird die Braut, mit dem Tuche der saja-nadu (s. oben) verhüllt, von dem saja-vanem geführt, und sie wird unter diesem Tuche von der neben ihr sitzenden Brautjungfer gespeist. Nach Beendigung des Mahles nimmt die leeme-moor (Suppenmutter), welche die Suppe gekocht hat, einen Gänseflügel, wischt damit, nachdem die Speiserester abgeräumt sind, den Tisch, die Gäste aber werfen, von ihr zum Geben ermahnt, unter allerlei gegenseitigen Witzworten Geld auf den Tisch, welches sie für ihre Bemühung einstreicht. An dem hierauf folgenden Tanzen darf die Braut nicht Theil nehmen, sonst würde es ihr bei der ersten Niederkunft schlecht gehen. Die Tische werden wieder mit Speise besetzt, und wer will, isst davon. Wenn die Zeit heran kommt, wo die Braut in das Haus des Bräutigams gebracht werden soll, so steckt der Marschal des Bräutigams einen ihrer Schuhe an seinen Degen und reicht ihn umher, damit man Geld für sie hinein lege, und die Braut selbst hat dabei einen Stein unter den Füssen, damit sie ein starkes Herz erlange, oder es geschieht diess auch am anderen Morgen durch den Marschal der Braut im Hause des jungen Ehemannes. Nach dieser Geldsammlung wird sie an den Tisch geführt und bekommt von dem saja-vanem ein Stückchen Brot und einen kleinen Teller mit Butter. Nachdem sie gegessen, wird der Teller zerbrochen, und man wünscht, dass sie keinen grösseren Schaden haben möge als diesen. Bevor sie der Marschal mit dem Degen in der Hand hinaus führt, hat die Braut einige Brotrinden zu sich gesteckt, auch von dem Ofen sich zärtlich verabschiedet, damit das Glück ihr aus dem Elternhause in die neue Heimath folge. Beim Hinausgehen erhält sie hinten einen Schlag mit einem Siebe, und man wünscht ihr so viel Kinder, wie Löcher darin sind. Ihr Marschal bekommt eine mit Bier gefüllte Kanne mit, wovon er unter Weges nichts verschütten darf, sonst würde sie eine kinderlose Ehe führen. Von dem Hochzeitspersonal von ihrer Seite folgen ihr nur ihr Marschal und ihre Brautjungfer.

Der Brautkasten muss mit etwas Geld (kirstu-lunastus) erkauft werden. Der Brautmarschal sitzt dabei mit einem Degen auf dem Kasten, und der isa-mees fragt nach dem Preise, worauf die Antwort lautet: viis vana, kuus kõva, sada saksa-taalrit (fünf alte, sechs harte, hundert deutsche Thaler). Ist das Geld bezahlt, so zieht die Braut den Schlüssel ab und übergiebt ihn dem Bräutigam, welcher erst das eine, dann das andere Ende des Kastens aufhebt. Man legt auch ein Brot hinein, auch wohl Butter, Fleisch und eine Flasche Branntwein; es hängt auch ein Gurt daraus hervor, welcher nachher einem Armen geschenkt wird. Der kirstu-mees (s. oben) spricht, indem er damit fort fährt: tühjalt ma tulin, tükki ma viin, harv mina käin, augu ma jätan (leer kam ich, ein Stück bringe ich fort, selten komme ich, ein Loch lasse ich zurück). Auf dem Festlande wird der Kasten auch erst am folgenden Morgen nach gesandt und in der Wohnung des Bräutigams nach einer scheinbaren Auction endlich den Dortigen überlassen. Die Braut nimmt nun weinend Abschied von den Eltern, während die Gäste fröhlich singen, wird in ein Betttuch gehüllt und von dem Bräutigam fort geführt, in dessen Haus die beiden Marschäle vorausgeeilt sind, um das Butt zu prüfen, indem sie darauf springen , und für den Fall, dass es brechen sollte, wird noch eine Bank dazu in Reserve gehalten. Bereitet wird das Lager von der saja-naene und dem peiu-pois, und der Letzte bleibt als Wächter dabei, damit keine Hexerei damit vorgenommen werde. Wenn die Braut vom Schlitten oder Wagen gehoben wird, so schüttet man ihr Hafer über den Kopf, damit die Hausthiere gedeihen, auf den isa-mees und die Pferde giesst man Bier, und die Braut wird zum Brunnen geführt, wo sie drei Eimer Wasser mit dem Fusse umstossen muss. Der pilli-mees oder pilli-puhuja (Spielmann), welcher in keinem Hochzeitszuge fehlen darf (s. oben), wirft an einigen Orten dem Pferde des Bräutigams eine Kanne Bier entgegen, der looga-tõmbaja (Krummholzzieher) nimmt ihm das Krummholz ab, und Beide bekommen dafür ein Extrageschenk, eben so der, welcher der ins Haus tretenden Braut ein Tuch vor breitet. Die Braut muss unter Weges die Augen geschlossen halten, damit keine Hexerei an ihr hafte, und sie darf in ihre neue Heimath weder Nadeln noch Stricknadeln mit nehmen, sonst würde sie unter den Stichelreden der Hausgenossen zu leiden haben. Den Einzug hält sie, von dem Bräutigam geführt, durch die “Riege”, denn von daher soll alles Glück kommen, von dem saja-vanem erwartet in Handschuhen und mit einem Besen, welchen er vor die Pferde wirft. Voran schreitet dem Paare der Brautmarschal, welcher mit dem Degen in der Thür ein Kreuz schlägt und sich dann vor die Ofenöffnung (kolde-müüril) setzt, um zu verhindern, dass Jemand Feuer von dort nehme. Darauf setzt man sich wieder an des Tisch, auf welchem zwei Lichte brennen, das eine für den Bräutigam, das andere für die Braut, und man giebt Acht, wessen Licht zuerst aus brennt, denn der Theil wird zuerst sterben. Bevor die Braut sich nieder setzt, hat sie für sich allein in des Bräutigams Zimmer ausschliesslich Trockenes gegessen, und wird ihr von den Weibern unter Gesang das Tuch abgenommen. Ueber Tische wird ihr ein kleiner Knabe (süle-pois) in den Schooss geworfen. Nachdem noch getanzt worden, geht das junge Paar zu Bette. Der saja-vanem nimmt mit dem Degen der Braut ihren Schleier ab, und steckt den Degen dann in die Decke des Zimmers zum Schutz gegen die bösen Geister. Der Bräutigam legt sich zuerst ins Bett, die von den beiden Brautjungfern entkleidete Braut steht vor demselben, bis der saja-vanem oder auch einer von den jungen Männern sie hinein legt. Dann verlässt man das Paar, und es wird noch ein geistliches Lied gesungen.

Am folgenden Morgen werden die Neuvermählten von den Weibern mit Gesang geweckt, die saja-nadu bringt ihnen Wasser, und beim Gesichtwaschen besprengen sie sich gegenseitig. damit sie lange bei einander leben und geduldig sein mögen. Während dessen suchen die Weiber im Bette nach den kirjad (vgl. das Lexikon) oder, wie Andere sagen, nach den kirbud (Flöhen), und finden einige für sie dort zurück gelassene kleine Münzen. Nach dem Waschen stösst die junge Frau (noorik) mit dem Fusse das Waschgefäss um, worin sich dann wieder etwas Geld findet für die Magd; gelingt ihr das eher, als es der Ehegatte thut, so wird sie das Hausregiment führen. Aehnlich ist nachher beim Essen die Probe, wer von Beiden am schnellsten ein zwischen sie gelegtes Stück Brot zerkaut. Wenn es zum Essen geht, so bindet die saja-naene jedem der beiden Marschäle ein Paar Handschuhe an den Degen, und der peiu-pois führt die junge Frau zum Tische an die Seite des Mannes, und beide essen mit demselben Löffel. In Mohn geht noch vorher das Aufsetzen der Weibermütze. Ein älteres Weib geht voran mit dem Schleiertuche und der Mütze auf einer Stange und singt, unter dem Vordache hindurch schreitend: õde või madalakene, nüüd on oju sulla olnud, mis sull enne mitte 'p olnud. Enne see katus kadugu, enne see räästas räpaku, enne majad mandugu, kud saad uueste ojule, teista korda noorikuks (Schwester kleine, nun hast du den Schleier gehabt, den du früher nicht gehabt hattest. Eher mag diess Dach schwinden, eher dieser Dachrand vermodern, eher mögen die Gebäude untergehen, als du von Neuem zum Schleier gelangst, zum zweiten Male eine junge Frau wirst). Darauf setzt sie der jungen Frau die Mütze auf, schlägt sie mit wechselnden Händen auf beide Ohren und spricht: pea tanu pääs, ää jätak mehe külje alla mitte (behalte die Mütze auf dem Kopf, lass sie nicht unter der Seite des Mannes).

Nach dem Morgenimbiss beginnen die Verhandlungen über die Geschenke der jungen Frau zwischen dem Männer- und Weibertisch des vorigen Tages (s. oben). Der Kastenführer, welcher dazu ein guter keele-mees (Zungenmann) sein muss, ist dabei, von einigen witzigen Weibern unterstützt, der Hauptspassmacher, Nach dem Mittagessen begiebt sich die Gesellschaft in die “Klete” (Vorrathshaus), wo der Brautkasten sich befindet und in diesem die Gaben. Bevor der Kasten geöffnet wird, springt ein Bursch drei Mal auf den Deckel, und die Weiber singen einen ermahnenden Gesang. Bei der Vertheilung der Gaben hat der saadik od. pruudi vend (Brautmarschal od. Bruder der Braut) die Hauptrolle. Nach mancherlei Scherzen und Hin- und Herreden giebt er “den Pass zu lesen”, d. h. er zieht aus dem Busen einen Teller, auf dessen Boden das Wort “raha” (Geld) geschrieben steht, und Jeder wird so lange wiederholentlich angegangen Geld darauf zu legen, bis nichts mehr zu erlangen ist. Darauf werden nun die Geschenke vertheilt mit scherzhaften Entschuldi gungen, dass sie nicht besser ausgefallen sind. Der Brautmarschal überreicht an der Spitze des Degens Jedem das für ihn bestimmte, zuerst der Hausherrschaft, darauf den Uebrigen, auch dem süle-pois (Schoossknaben, s. oben), Strümpfe, Handschuhe, Gürtel, Strumpfbänder. Für jede Gabe muss wieder gezahlt werden, der Marschal schlägt mit dem Degen auf den Tisch und fordert “der Schwester Fingergeld”, und der Aufgerufene giebt etwas Kupfergeld. Anders wo findet das Entrichten des Geldes, wozu dann mit einer Glocke zusammen geklingelt wird, etwass später Statt, nachdem die junge Frau von der Schwiegermutter in den Gebäuden umher geführt worden. Geht der Gabenvorrath zu Ende, bevor Alle beschenkt sind, so kommt ein Mann, schliesst den Kasten und verbietet ein weiteres Schenken, “um der jungen Frau die Schande zu ersparen”. Nach dem vaka-tantsimine (Brautkastentanze), wie man die Gabenvertheilung nennt, wird die junge Frau zwischen saja-vanem und saja-naene gesetzt, und es kommt das tanu-näitamine (Zeigen der Haube), d. h. die junge Frau hat die Haube flach auf dem Kopfe und ein Tuch darüber, der saja-vanem ruft den jungen Ehemann “noort kuud vaatama” (den Neumond zu sehen), und er oder die saja-naene lüftet das Tuch ein Wenig, so dass der Rand der Haube zu sehen ist, und die junge Frau hält dabei mit der anderen Hand ein Tuch vor den Augen wegen der mancherlei, auch obscönen Spässe, die dabei zum Besten gegeben werden. Den übrigen Männern wird jedem nach seiner Beschäftigung scherzweise eine gute Lehre gegeben, wofür er nicht nur zu danken, sondern auch wieder Geld zu entrichten hat auf einen Teller, welcher auf dem Tische steht. Der Schwiegervater führt die Schwiegertochter in die Riege und schenkt ihr einen Ochsen oder eine Kuh, und sie bindet dem Thier ein Paar Handschuhe an die Hörner für den Schenker. Anders wo wird sie von den beiden Schwiegereltern in die Viehburg geführt, wo man ihr alles Vieh zeigt, und sie sucht dabei zu entlaufen; gelingt es ihr, so muss ein Pferd angespannt werden um sie zurück zu bringen, was grosses Gelächter erregt.

Hierauf wird der Kehraus getanzt (pulmad katki tantsima). Zuerst tanzt Einer mit der jungen Frau allein, wofür er ein Paar Handschuhe bekommt, ein Anderer zieht ihr das Kamisol (vammus) aus, wobei Bänder oder Handschuhe, auch wohl Geld, heraus fallen, was er zum Lohn bekommt. Jeder Tänzer muss wieder etwas Geld zahlen, welches die Brautjungfer mit einem Teller einsammelt, und ausserdem muss noch auf die Stelle der jungen Frau Geld gelegt werden; wer nicht will, wird mit Gewalt dahin geschleppt. Anders wo hat man noch andere Mittel Geld heraus zu pressen. Die Neuvermählte und ihr Marschal fegen die Stube, die Gäste werfen scherzend immer wieder Spreu auf den Boden und etwas Geld dazu; dann werden sie zur Reinigung vom Staube gebadet, d. h. Einer nach dem Anderen steigt auf den Ofen, wo er aus einer Kanne einen Schluck Bier und mit einem trockenen Badebesen einige Schläge empfängt und dafür in einen Eimer voll Wasser etwas Kupfergeld wirft. Ausser allen diesen Zahlungen, die freilich immer nur in einer Kleinigkeit bestehen, fordert der Brautmarschal wohl noch ein besonderes Hochzeitgeschenk, wiederum etwas Geld oder auch ein einstweilen nur versprochenes kleines Hausthier.

Sind die Gäste fort gegangen, so schneidet die junge Frau noch von dem Brote in ihrem Brautkasten (s. oben) jedem Gesindegliede ihres neuen Hausstandes ein Stück ab, damit sie Alle in gutem Einvernehmen bleiben. Am folgenden Morgen füttert sie selbst die Hausthiere und legt einige von ihren gestrickten Geschenken für die Schwiegermutter auf das Futter. Eben so beschenkt sie auch die Dienerschaft bei der erstmaligen Arbeit derselben, und dann bringt ihr die Schwiegermutter alle zerrissenen Hosen im Hause, welche sie flicken muss. Bisweilen kommen die Gäste auch noch diesen Tag wieder hin und den folgenden, und es wird dann wieder geschmaust und getanzt.

Alle die genannten Gebräuche kommen natürlich auch in dem hier besonders ins Auge gefassten Theil des Landes, den grossen Inseln, nicht auf jeder Hochzeit sämmtlich vor, sondern es fehlt auch ein Mal der eine, ein anderes Mal der andere, und es kam hier nur darauf an ein umfassendes Gesammtbild zu geben. Dagegen hat auch wieder manche Gegend etwas ganz Besonderes, das den anderen fremd ist. Dahin gehört z. B. die wunderliche Ceremonie in Mohn, dass der Brautmarschal den singenden Weibern einen Priapus (munn) überreicht, welcher aus einer Mohrrübe (Burkane) mit zwei daran gebundenen kleinen Aepfeln besteht. Sie lehnen die Gabe ab und singen:

Aitümal, neiu venda,

Neiu venda, neitsi venda,

Aitümal, au-kübara,

Mulle munni andamasta.

Ma 'p ole munni teilt palunud,

Se olgu sinu omale,

Olgu sull püksis pöörmiseks,

Lapi lahti võtmiseks;

Ehk vii ta läbi Lihula

Ehk vii ta taha Tallina,

Sääl on neiud nende näljas,

Anna sääl naestel naela kaupa,

Tüdrikutel tüki kaupa,

Poistel näita kopiku eest

Seda küll sala hoitud meest.

Schönen Dank Bruder der Braut,

Bruder der Braut, Bruder der Jungfrau,

schönen Dank, Ehrenhut,

dass du mir den Priapus giebst.

Ich habe euch nicht um den Priapus gebeten,

mag er dein eigen sein,

mag er dir in der Hose sein zum Drehen,

zum Oeffnen des Hosenlatzes;

oder bringt ihn durch Leal,

oder bring ihn hinter Reval.

dort haben die Mädchen Verlangen darnach,

gieb gieb dort den Weibern pfundweise,

den Mädchen Stückweise,

den Burschen zeige für eine Kopeke

diesen wohl heimlich gehaltenen Mann.

Eben dort findet auch etwa eine Woche nach der Freierei das Lägelfest (lähkri- od. topa-joom) Statt. Die Eltern der Braut bitten ihre Verwandten zusammen an einem Sonnabend- oder Sonntagabend, damit sie Geschenke bringen für die Gabenvertheilung auf der Hochzeit. In der Nacht kommt auch der Bräutigam mit einigen Männern und Geschenken an Bier, Branntwein, Brot u. d. gl. Nachdem zuerst der isa-mees hinein gegangen ist um Einlass zu bitten, treten auch die Anderen ein, und der Bräutigam übersieht seine mitgebrachten Gaben der Hausmutter. Er zieht den Zapfen aus dem Biergefässe, füllt eine Kanne und stösst dann schnell den Zapfen wieder ein, jedoch so, dass er nicht knarrt, sonst wird er weinerliche Kinder haben. Die Braut trinkt zuerst und giebt dann den Uebrigen zu kosten. Darauf schneidet er vom lähkre-kakk (Lägelbrot) ein Stückchen, beisst die Hälfte davon ab und giebt die andere der Braut. Hierauf wird das Brot zertheilt und die Braut vertheilt es, es darf aber nicht das zuerst abgeschnittene Stück ein grosses sein, sonst werden die Kinder grossmäulig. Dann geht es zu Tische, wo ein Kronleuchter hängt, bisweilen mit vier und zwanzig Lichten. Zum Schlafen wird dem Bräutigam eine gute Stätte bereitet, wo er auch die Braut schon vor findet. Hat diese vielleicht vorher einem Anderen einen Korb gegeben, so sucht man sie jetzt zu rauben, und das Brautpaar befindet sich an einem wohl verwahrtes Orte auf dem Bodenraum des Hauses. Gelingt es dennoch, so wird der Bräutigam geprügelt, und mit der Braut wird allerlei derber Spass getrieben. Am anderen Morgen ist Musik und Tanz, und um zehn Uhr etwa begiebt sich der Bräutigam mit seiner Gesellschaft nach Hause, wo noch manche Lust getrieben wird. Beim Weggehen werden seine Begleiter beschenkt, und sie ihrer Seits zahlen reichlich dafür.

Zum Theil ist es gebräuchlich, dass die junge Frau bald nach der Hochzeit auf eine Woche wieder ins Haus der Eltern zurück kommt (hõimule tulema od. kodu-tütreks tulema), um ihnen Dienste zu leisten.

Es ist in dem Vorstehenden mehrmals des Singens erwähnt. Das Gesungene ist dreierlei. Einmal sind es geistliche Lieder, welche wie die Gebete zur geistlichen Weihe des Festes gehören und entweder aus dem Gesangbuche oder auswendig gesungen werden; dann sind es ebenfalls wohl Verse von Gesangbuchsliedern, welche aber gewissermaassen parodistisch auf die vorhandene Situation angewendet werden, worin die ernster Gesinnten aber einen Missbrauch des Gotteswortes sehen. Dahin gehören: No. 180 V. 8 kõik, keda kogund enesele, neid võta õnnistada, ja anna, mis neil puudub veel etc. (Alle, die du zu dir gesammelt hast, wolle segnen, und gieb, was ihnen noch fehlt), wenn die Geschenke zum Vertheilen gebracht werden, - No. 333 V. 4 jätke rahule, ärge küsige (lasset in Ruhe, fraget nicht), von der saja-naene gesungen, wenn alle Gaben vertheilt sind, - No. 160 V. 7 nii ehitakse hoonet salaja seal talle pruudil elama, ja sinna sisse peigu kutsutakse, seal oma pruuti armsaks pidama (so wird heimlich das Haus geschmückt der Braut des Lammes dort zu wohnen, und da wird der Bräutigam hineingerufen die Braut dort zu lieben), wenn das junge Paar in die Brautkammer gegangen ist, - No. 179 V. 6 oh lööge kannelt mängijad .... laulgem, tehkem rõõmustamist, auustamist kosijale (o schlaget die Harfe, Spielleute, .... lasst uns singen, Freude und Ehre machen dem Freier), wenn es nach dem Hochzeitmahle zum Tanze geht. Endlich noch drittens sind es weltliche Lieder, zum Theil von besonders dazu bestellten Weibern (kaasikud) gesungen, in so fern es nicht Wechselgesänge bestimmter Personen sind. Der Inhalt dieser Gesänge ist im Allgemeinen freilich schon immer gegeben durch die Situation und das Stadium des Festes, doch wird dabei auch viel improvisirt, und durch solche, spätere, allmählich stereotyp gewordene Improvisationen mag vielleicht der neben der Alliteration häufig vorkommende Reim hineingebracht sein. Neus hat (a. a. 0. S. 273 ff.) solche Hochzeitgesänge gegeben und vorher bemerkt, dass im Westen des Landes dieses Singen schwinde. Es wird daher vielleicht von Interesse sein, wenn ich hier auch aus dem äussersten Westen, von den Inseln Dagö und Oesel, einige Proben gebe.

Wenn die saja-naene nach der Ankunft des Bräutigams die Braut suchen geht, welche sich draussen unter den Zuschauern (pulma-vaatajad) versteckt hat (s. oben), so singt sie:

Äärest ma võtan õigemaid,

Seast ma võtan sirgemaid,

Vahelt ma võtan valgemaid,

Keskelt kõige kenamaid.

Vom Rande nehme ich Geradere,

aus dem Haufen nehme ich Schlankere,

dazwischen her nehme ich Weissere,

aus der Mitte die Allerschönsten.

Wenn sie die Braut gefunden hat:

Ära ma põlgan põnderikud,

Jälle ma jätan jänderikud,

See mull sünnib sülese,

See mull mahub majase,

Se teeb tööd kui tihane,

Näeb vaeva kui varblane,

Sellel padjad peenikesed,

Sellel linad lõuendised,

Sellel tekid tikitud,

Sellel annan kenad kambrid,

Senna sisse siidi-sänni.

Sellel annan priske peiu,

See mull armas ainus neidu.

Ich verschmähe die Knirpse,

lasse zurück die Verwachsenen,

diese passt mir auf den Schooss,

diese passt mir ins Haus,

diese arbeitet wie eine Meise,

müht sich wie ein Sperling,

diese hat feine Kissen,

diese leinene Betttücher,

diese gesteppte Decken.

Dieser gebe ich schönen Kammern,

da hinein ein Seidenbett,

dieser gebe ich den wackeren Bräutigam,

diese ist einzige mir liebe Jungfrau.

Die Zuschauerinnen:

Ilus neidu näu poolest,

Kena Kadri keha poolest,

Kas sa teead ta kombetest?

Ehk ta viisid viina-puus,

Kombed kõrtsu kamberis

Ehk ta elab hoora-elu,

Peab pordu-põlve pidu.

Schön ist die Jungfrau von Angesicht,

hübsch die Katharine von Körper,

weisst du aber auch von ihren Sitten?

Vielleicht ist ihre Weise am Weinstock,

ihre Sitten in der Schenke Kammer,

vielleicht lebt sie ein Unzuchtleben,

führt ein Leben im Hurenstande.

Die Brautmutter:

Mis sa sitt seal sorised,

Pori-kärbes porised?

Varese-varbad silma nurgas,

Haraka-händ on hiuste tukas,

Oled kollane kui koolja,

Ükski pea sooga nalja,

Oled leedi nii kui liiva,

Oled musta nii kui mulda,

Vana-kännu-karvaline,

Pea siku-sarveline.

Kes siin pakub su eest kulda?

Ehk sa lähed enne mulda.

Was zischelst du Dreck dort,

was summst du Kothfliege?

Runzeln hast du an der Ecke des Auges,

einen Elsternschwanz im Schöpf der Haare,

bist gelb wie eine Leiche,

Niemand schertzt mit dir,

bist gelblich wie Sand,

bist schwarz wie Erde,

von der Farbe eines alten Baumstumpfs,

der Kopf bockshornig.

Wer hier bietet Gold für dich?

Gehst wohl eher in die Erde.

Die Zuschauerinnen:

Too mulle kirstust kinnitust,

Kaane alt kaa kannatust,

Tee mu suu soolaseks,

Süda sülla rõõmsamaks.

Mull on kurvastuse-päevad,

Seda kõik mu õed näevad,

Olen nii kui üksik lind,

Kedagi ei tunne mind,

'P ole mull sänni-säädijat,

'P ole mull padja-pöörajat,

'P ole mull lina-lautajat,

Teki-peale-panijat.

Pööran külje, leian külma,

Pööran selja leian seina,

Pööran kõhu, leian põhu,

'P ole leida ial ihu.

Bring mir aus dem Kasten Stärkung,

unter dem Deckel her Ausdauer,

mache den Mund mir salzig,

das Herz um einen Klafter fröhlicher.

Ich habe Trauertage,

das sehen alle meine Schwestern,

bin so wie ein einsamer Vogel,

Niemand kennt mich,

habe keinen Bettbereiter,

habe keinen Kissenwender,

habe Keinen, welcher das Betttuch ausbreitet,

die Decke auflegt.

Wende ich die Seite, finde ich Kälte,

wende ich den Rücken, finde ich die Wand,

wende ich den Bauch, finde ich die Streu,

niemals ist ein Leib zu finden.

Die Brautmutter:

Ära nenda liiast leina,

Ehk su sängi toodud teine,

Ehk saand viimaks vana lese.

Küll se täidab sinu tuska,

Kes sind võtab süle sisse,

Ehk ta viib sind oma sängi,

Küll ta seal teeb sulle mängi,

Et saad tite tiiva alla,

Äbariku hõlma alla,

Siis on sinu mure läinud,

Mis sull nüüd veel vaeva teinud.

Trauere nicht so gar zu sehr,

vielleicht ist in dein Bett gebracht ein Anderer,

vielleicht hast du endlich einen alten Wittwer bekommen.

Der wird schon dein Verlangen stillen,

der dich in den Arm nimmt,

oder er bringt dich in sein Bett,

dort wird er schon mit dir spielen,

dass du ein Kindchen bekommst unter den Flügel,

einen Spätling unter den Schooss,

dann ist deine Sorge vergangen,

welche dich jetzt noch gequält hat.

Wenn der Bräutigam mit seinem Gefolge eingezogen ist, so singen die Weiber unter den Gästen der Braut:

Meil oli õues kolmi vahti,

Üks oli hoolas ukse-vahti,

Teine oli virku värava-vahti,

Kolmas oli tarka põllu vahti;

Lasksid saja salaja tulla.

Neidu läks kaevust vetta tooma,

Võttis kuldsed kõrendida,

Hõbedased ämbrikesed.

Ta kuuln'd peiu pilli heale,

Heitand hõbe-ämbrikesed,

Ja need kuldsed koogukesed.

Põõsas oli põllale pageda,

Värav oli väljale valada,

Seal olid huisud ootamajes.

Saja läind mureldes Muhuse,

Üle vette Hiiu-maale,

Taha vette Tartu-maale.

Hiiu-maal eile nähtud,

Pernu-jõel pesnud paleta,

Sak- (Saksa-?) maal oli saunas käinud.

Kui tahate taga ajada,

Pange siis lakid laevadeks,

Põlled pange purjudeks,

Põlle-paelad köieteks.

Pange sõrmed sõudamaje,

Käsi-varred varpimaje.

Wir hatten im Hofe drei Wächter,

einer war der sorgsame Thürwächter,

der andere der aufmerksame Thorwächter,

der dritte war der kluge Feldwächter;

Liessen den Hochzeitzug heimlich kommen.

Die Jungfrau ging aus dem Brunnen Wasser holen,

nahm die goldenen Stangen,

die silbernen Eimerchen.

Sie hörte den Klang von des Bräutigams Sackpfeife,

warf hin die Silbereimerchen,

und jene goldenen Tragestangen.

Ein Gesträuch war da auf's Feld zu fliehen,

eine Pforte war da hinaus zu schlüpfen,

da warteten die Böte.

Der Hochzetung ging voll Sorge nach Mohn,

über die Wasser nach Dagö,

hinter die Wasser nach Dorpatland.

In Dagö war sie gestern gesehen,

im Pernauflusse hatte sie das Gesicht gewaschen,

in Sackland (Deutschland?) die Badstube besucht.

Wenn ihr sie verfolgen wollt,

so nehmt die Hüte zu Schiffen,

die Schürzen nehmt zu Segeln,

die Schürzenbänder zu Seilen.

Stellt die Finger an zum Rudern,

die Arme zum bugsiren.

Das Bräutigamsgefolge:

Mis te muidu kiitelete,

Oma aega viitelete!

Neidu 'p ole kusagile läinud,

Neidu hoitse hoonetesa,

Saa tammide tagasa,

Viina-vaatide vilusa,

Õlle-nõude otsa alla.

Siia mu vend on viina toonud,

Kaela-rahad ju kinkinud,

Ta maalind näu pildi peale,

Pistnud pildi põuedese.

Was prahlt ihr ohne Grund,

was verweilet ihr eure Zeit!

Die Jungfrau ist nirgends hin gegangen,

die Jungfrau wird in den Häusern gehalten,

hinter hundert Dämmen,

im Schatten der Branntweinrässer,

unter den Enden der Biergefässe.

Hieher hat mein Bruder den Branntwein gebracht,

die Halsmünzen schon geschenkt,

er hat das Gesicht in ein Bild gemalt,

das Bild in den Busen gesteckt.

Wenn der Hochzeitzug sich zu Tische gesetzt hat:

l. Sae-vanem, siidi-särki,

Siidi-särki, kulda-kuube,

Hõbe-mantelid madalad!

Kui tulid täna kodunta,

Kui valus koidu kumulta,

Kas tõid kannu kaenalasa? Me oleme joomale jänunud.

l. Bräutigamsvater, Seidenhemd,

Seidenhemd, Goldrock,

niedrige Silbermäntel!

Als du heute von Hause kamst,

da es hell war vom Schimmer der Morgenröthe,

brachtest du eine Kanne unter dem Arme?

wir sind durstig nach Trinken.

2. Aitümal juua andamasta,

Kannu kaugelt kandamasta!

Me 'p ole joomale jänunud,

Õlut me joome, teist me teeme,

Kolmas meil käärib kelderis.

Sae-vanem, siidi-särki,

Sidi-särki, kulda-kuube,

Hõbe-mantelid madalad!

Kui tulid täna kodunta,

Peju pätsu pea-valula,

Kas tõid kaku kaenalasa?

Me oleme söömile isunud.

2. Habe Dank, dass du zu trinken gegeben,

die Kanne von Weitem gebracht hast!

Wir sind nicht durstig nach Trinken,

Bier trinken wir, anderes machen wir,

ein drittes gärt uns im Keller.

Bräutigamsvater, Seidenhemd,

Seidenhemd, Goldrock,

niedrige Silbermäntel!

Als du heute von Hause kamst,

bei Kopfschmerz des Füllens des Bräutigams,

brachtest du ein Brot unter dem Arme?

wir sind hungrig nach Essen.

3. Aitümal, sae-vanemikene,

Aitümal kakku andamasta!

Me 'p ole söömile isund,

Ise me leibade tegijad,

Ise me kakkude kandajad,

Ümmarguste hööritajad.

Sae-vanem, siidi-särki,

Siidi-särki, kuld-kuube,

Hõbe-mantelid madalad!

Kas tõid pakki Paide linnast?

Piibu-pakki me palume,

Nina-nuusku me nurume.

3. Habe Dank, Bräutigamsväterchen,

habe Dank, dass du das Brot gegeben hast!

Wir sind nicht hungrig nach Essen,

selbst sind wir Verfertiger von Broten,

selbst sind wir Träger der Laibe,

Dreher der runden.

Bräutigamsvater, Seidenhemd,

Seidenhemd, Goldrock,

niedrige Silbermäntel!

Brachtest du Tabak aus Weissenstein?

Pfeifentabak bitten wir,

auf Schnupftabak dringen wir.

4. Aitümal pakki andamasta,

Pakk maksab palju rahada!

Kas tõid ratsula rahada,

Kimblila killingida,

Vesi-hallil veeringid?

Ega ma laula rahata,

Keelt ei peksa killingita!

Kopik suu kulutamine,

Killing keele peksamine.

4. Habe Dank, dass du Tabak gegeben hast,

der Tabak kostet viel Geld!

Hast du zu Pferde Geld gebracht,

mit dem Schimmel Schillinge,

mit dem Wassergrauen Ferdinge?

Ich werde doch nicht singen ohne Geld,

die Zunge bewegen ohne Schilling!

Eine Kopeke das Verschleissen des Mundes,

ein Schilling des Bewegen der Zunge.

5. Aitümal, sae vanemikene,

Raha kaugelt kandamasta!

Kui tulid taane kodunta,

Ratas jooksis rahada,

Põvad pöörsid penningida,

Ruunad jooksid rublasida.

Küla sull noppis killingida,

Pere sull noppis penningida,

Oma pruut noppis rublasida.

5. Habe Dank, Bräutigamsväterchen,

dass du von Weitem das Geld gebracht hast!

Als du heute von Hause kamst,

lief das Rad Geld,

drehten die Felgen Pfennige,

liefen die Wallache Rubel.

Das Dorf pflückte dir Schillinge,

das Gesinde pflückte dir Pfennige,

die eigene Braut pflückte Rubel.