Aus dem innerem und äusseren Leben der Ehsten
F. J. Wiedemann


Inhalt

Vorwort

1. Sprichwörter und sprichwörtliche Redensarten, Sentenzen, geflügelte Worte

2. Umschreibende, bildliche und verblümte Bezeichnungen und Redensarten

3. Sprichwörtliche Vergleichungen

4. Wünsche, Verwünschungen, Betheuerungen, Spitznamen

5. Räthsel

6. Deutungen von Vogelstimmen und anderen Lauten, Buchstaben

7. Spiele

8. Gebräuche bei Vorkommnissen des Familienlebens

9. Haushalt
a) Regele und Gebräuche
b) Omina für den ländlichen Haushalt

10. Witterungsomina

11. Bedeutung gewisser Zeiten und Tage im Jahr und was an denselben gethan oder unterlassen werden muss

12. Heilmittel, natürliche und sympathetische

13. Zauber und Mittel dagegen

14. Heilige und bedeutungsvolle Stellen, Opfer und Gebräuche bei denselben

15. Uebermenschliche Wesen

16. Abergläubische Vorstellungen von natürlichen Wesen und Naturerscheinungen

17. Abergläubische Vorstellungen von Andeutungen dessen, was geschieht oder geschehen wird (Omina, Orakel)

18. Verschiedene abergläubische Gebräuche und Vorstellungen von Ursachen und Wirkungen

XVIII. Verschiedene abergläubische Gebräuche und abergläubische Vorstellungen von Ursachen und Wirkungen

Eine Frau darf sich nie auf einen Eimer setzen, sonst werden ihre Kinder ertrinken. Ertrinken wird auch ein Kind, welches durch eine Steissgeburt auf die Welt gekommen ist, wenn nicht die Hebamme einen Eimer voll Wasser bringt und das Kind drei Mal unter dem Griff hindurch zieht. Eine Andere muss dabei sprechen “upub ära” (es wird ertrinken), sie aber muss antworten “laku perset, ei upu” (lecke den Hinteren, es wird nicht ertrinken).

Wenn ein Mädchen geboren wird, so muss man es in ein Mannshemd wickeln und durch eine Mannshose ziehen, dann werden später die Männer daran Gefallen finden, und es wird jung verheirathet werden.

Wenn man bei der Geburt eines Knaben die Nabelschnur mit einem Beile durch haut, so wirdein starker Mann aus ihm.

Wenn man einen Knaben durch der Mütter Hemd zieht, so werden später die Mädchen an ihm Gefallen finden und ihm nach laufen.

Einen Knaben darf man nicht in einen Weibergurt wickeln, sonst wird er weibisch.

Wer von einem Besen die Ruthenspitzen ab schneidet, wird lispelnde Kinder bekommen.

Den Stubenkehricht darf man nicht in den Ofen werfen, sonst bleibt die Ehe kinderlos.

Ein Weib, welches hübsche Brote macht, bekommt auch hübsche Kinder, und wer Kinder mit langen Haaren haben will, muss beim Einteigen reichlich Mehl auf streuen.

Aus dem Brotsack darf man nicht Brot schneiden, sonst werden die Söhne Kahlköpfe.

Wer den letzten Rest aus der Bierkanne trinkt, wird einen Sohn bekommen.

Wenn ein Kind getauft wird, so legt man bedruckte Blätter zwischen die Windeln, dann wird es leicht lesen lernen.

Wenn ein Kind anhaltend schreit, so muss bei der Taufe etwas versehen sein.

Ein kleines Mädchen, das sich bei der Taufe verunreinigt, wird eine Hure werden, wenn nicht die Hebamme ihm drei Mal mit der Windel über den Mund wischt.

Ist der Täufling aus der Kirche zurück gebracht, so legt man ihn zu der Mutter ins Bett, und diese legt die Füsse darauf, dann wird es ein ruhiges Kind sein und nicht viel schreien.

Die Haare, mit welchen ein Kind geboren wird, ema-hiuksed (Mutterhaare) oder tite-hiuksed (Kleinkinderhaare), müssen sorgfältig weg geschafft werden. Die Mutter milcht dazu auf diese Haare und wickelt den Kopf in ein Tuch, dann fallen sie leicht aus. Unterlässt sie das, so wird das Kind später den “bösen Blick” kommen, und alles Böse wird geschehen, was es Anderen wünscht.

So lange die Mutter ihren Kirchgang nicht gehalten bat, darf sie keine Schürze vorlegen, um nicht ihrem Kinde zu schaden.

Eine Wiege darf man nicht schaukeln, wenn das Kind nicht darin liegt, sonst wird dieses unruhig, oder (nach Anderen) ein Schwätzer und Lügner.

Wenn ein Kind zum ersten Mal in der Badstube gebadet wird, so schlägt man ihm mit dem Badebesen auf den Mund, damit es nicht seine Kleider zerreisst und einen breiten Mund bekommt.

Wenn man zum ersten Male Brei für ein Kind kocht, so muss der Rührstock fünfästig sein, dann braucht es den “bösen Blick” nicht zu fürchten.

Wenn ein Kind die Gewohnheit an nimmt sich nass zu machen, so schlägt man es mit dem Bügel des Wassereimers, dann lässt es davon ab.

Wenn mehrere Kinder in frühem Alter sterben, so nennt man die folgenden Adam und Ewa, dann bleiben diese am Leben.

Wenn ein Kind nicht zur gewöhnlichen Zeit an fangen will zu gehen, so pflügt und eggt man an einem Donnerstag, lässt das Kind auf der so bearbeiteten Stelle sitzen und säet dann Hanf darüber, wobei der Säende spricht: kanep kasuma, laps laduma (der Hanf soll wachsen, das Kind laufen).

Wenn ein Kind klein, schwach und kränklich ist, lange nicht an fangen will zu sprechen oder zu gehen, so ist es ein Wechselbalg; man kann dann durch gewisse Proceduren den Teufel zu einem Rücktausch zwingen (vgl. XV unter “Teufel”).

Ein Kind wird öfters drei Jahre gesäugt, wenn aber in diesen Termin drei Charfreitage fallen sollten, so muss es früher entwöhnt werden, sonst wird es ein Zauberer (eine Hexe), und alles Böse, was es wünscht, geschieht.

In den ersten Jahren darf ein Kind nicht bei seinem Namen, sondern nur titt od. laps (Kind) genannt werden, und wenn es zur Taufe gebracht wird, so raunt man den Namen nur ins Ohr. Ebenfalls in den ersten Jahren bekommt es nur Kleider aus altem, getragenem Stoff, damit es nicht später im Leben zu viel Kleider verbraucht.

Kinder bekommen gute, starke Zähne, wenn sie die ausfallenden Milchzähne auf den Ofen werfen und sprechen: kilk, anna mulle raud-hammas, mina anan sulle luu-hammas (Heimchen, gieb mir einen eisernen Zahn, ich gebe dir einen knöchernen Zahn).

Wenn ein Kind zum ersten Male die Kirche besucht, so muss es Geld in den Klingbeutel legen und von dem Küster mit diesem Beutel drei Mal um den Kopf geschlagen werden, dann wird es gut in der Schule lernen und klug werden.

Wenn man Kinder mit einem mehligen Sacke um den Kopf schlägt, so bleiben sie dumm und unbehülflich; “jahu-pea” (Mehlkopf) bedeutet einen Dummkopf.

Kinder darf man nicht auf einem hohlen Schlüssel blasen lassen, sonst werden sie Lügner.

Uneheliche Kinder haben im Leben mehr Glück und Klugheit als in der Ehe geborene.

Welches Mädchen von den Confirmandinnen vor den anderen an den Altar tritt, wird auch vor den anderen verheirathet werden.

Wenn ein Mädchen die Stricknadel nicht ausstrickt, so kehren die Freier wieder um.

Wenn es nicht fleissig den brennenden Kienspan schnäuzt, so bekommt es einen langnasigen Bräutigam.

Wenn es Asa foetida unter seiner Brustspange trägt, so bekommt es bald einen Mann.

Wenn ein Gast nicht den Sitz, bevor er sich niedersetzt, anders wohin stellt, oder wenn er nicht die Handschuhe unter sich legt, so werden die Mädchen im Hause nicht verheirathet.

Wenn ein Mädchen nicht rasch ist beim Abwischen des Esstisches, so werden keine Freier kommen.

Wer am Trauungstage vor der Trauung Einen grüsst, bekommt einen bösen Mann.

Wenn eine Braut in das Haus des Bräutigams Strick- oder Nähnadeln mit sich nimmt, so wird dort mit Worten auf sie gestichelt werden.

Als man noch die Bräute raubte, so geschah diess, wenn die Mädchen nackt aus der Badstube kamen; es wurde ihnen dann sogleich das Haar ab geschnitten, worauf sie nicht mehr zurück kehren konnten.

Um langes Haar zu bekommen, lassen die Mädchen ihr Haar von einem Junggesellen, der selbst gutes Haar haben muss, bei neuem Licht beschneiden und gehen gleich darauf einen Pferdeschweif besehen.

Mädchen, welche hochbusig werden wollen, müssen das erste und letzte Stück von einem Brotlaib essen.

Wenn die Frauen im Dorfe von einem Mädchen meinen, dass es nicht züchtig lebe, aber doch keine Folgen davon sichtbar sind, so nimmt eine, die selbst schwanger ist, den Gürtel ab und schlägt damit drei Mal die Verdächtige, ohne dass diese es merkt (hinterrücks oder im Schlaf), dann wird eine geheim gehaltene Schwangerschaft sogleich offenbar.

Erbsen oder Bohnen, welche beim Säen auf der Oberfläche der Erde geblieben sind, darf man nicht essen, sonst werden die Zähne schmerzen und verderben.

Ausschläge entstehen bei Männern, wenn sie mit Weibern baden, welche ihre monatliche Reinigung haben, auch wenn man eine solche Weibsperson berührt, oder ihre Kleider trägt, oder das Blut erblickt; man verbrennt daher auch wohl die Kleider solcher Kranken. Das Wasser, womit die so entstandenen Ausschläge gewaschen sind, muss von dem Weibe getrunken werden, dann wird die angesteckte Person wieder gesund.

Wenn Jemand sich nach einem Anderen in der Badstube quästet und meint, dass dieser krätzig sei oder sonst eine ansteckende Krankheit habe, so muss er, um gegen die Ansteckung gesichert zu sein, drei Mal mit den Fingerspitzen etwas Salz auf den “keres” (die Steine auf der Ofendecke) werfen.

Die Ruthen zu einem Badebesen darf man nicht von einer Birke schneiden, auf welcher Ameisen sich nieder gelassen haben, oder von einer Sumpfbirke; quästet man sich mit einem solchen, so bekommt man die Krätze.

Wenn man mit einer Krankheit, namentlich mit einem Ausschlage behaftet zur Communion oder zur Trauung geht, behält man sie auf Lebenszeit.

Wenn man eine Schwangere mit Hasenfleisch wirft, so wird das von ihr geborene Kind eine Hasenscharte haben.

Ein schon gar gewordenes Brot darf man nicht an schneiden, so lange noch nicht alle Brote aus dem Ofen genommen sind, sonst bekommt die, welche den Teig geknetet hat, kranke Hände.

Zum Trocknen aufgehängtes Kinderzeug darf man nicht von der Abendröthe bescheinen lassen,. sonst bekommt das Kind den Durchfall (grünen Stuhlgang).

Wenn das Wasser zum Baden eines Kindes kocht, so bekommt es nach dem Baden Blasen am Leibe.

Wer ins Feuer spuckt, bekommt Blasen an die Zunge.

Wenn ein Insect von einem todten Krebs frisst und darauf einen Menschen sticht, so bekommt dieser den Krebs (die Krankheit).

Einen alten Baum darf man nicht ab hauen oder seit langer Zeit ruhendes Land auf pflügen, sonst wird man kränklich.

Kinder und schwächliche Personen dürfen nicht am Fussende einer Leiche stehen, so dass die Augen der Leiche auf sie gerichtet sind, sonst werden sie kränklich und sterben bald.

Während einer Krankheit darf man nicht die Wäsche wechseln oder sich waschen, sonst erneut sich auch die Krankheit wieder.

Wer ein Waisenkind schlägt, dem verkrüppelt die Hand.

Das Einrenken verrenkter Glieder geschieht am besten durch Einen, welcher seiner Eltern jüngster Sohn ist.

Wer aus einer Quelle Wasser nimmt, das ihn von einer Krankheit heilen soll, muss dafür wieder etwas hinein werfen, sonst ist das Wasser unwirksam.

Wer einen Scheuerlappen aus dem Scheuergefäss stiehlt, dem hilft, wenn er später krank wird, keine Medicin.

Ein Schlangenbiss wird unheilbar, wenn der Gebissene sich auf einen Stein setzt oder in ein Haus mit einer Feuerstelle geht.

Wenn die Ernte beginnt, so muss man die erste Garbe quer über ein Feldbeet legen und längs des Beetes einen Purzelbaum darüber schlagen, dann bleiben die Hüften gesund.

Wer vor Leichen Scheu hat, muss drei Mal an einer Leiche die grosse Zehe des linken Fusses bewegen, dann verliert er diese Scheu.

Wer beim Tanzen eine Tänzerin so schiebt, dass sie rückwärts gehen muss, der macht, dass ihre Mutter sterben wird.

Wer zum Scherz auf zwei Stöcke gestützt oder auf allen Vieren geht, verschuldet damit den bald erfolgenden Tod seiner Eltern.

Wer die Feldraine und Wege zu schmal ab pflügt, der wird einen schweren Tod und lange Agonie haben; eben so ein Brunnenfinder oder ein Zauberer, wenn sie nicht vorher ihre Kunst einem Anderem gelehrt haben.

Wenn Kinder ungetauft sterben, so kommen sie an einen nebeligen Ort und haben es schlechter als die getauften.

Der Verstorbene hat es weniger gut und im Grabe keine Ruhe, so lange nicht für ihn das Dankgebet in der Kirche gehalten und die Kirchenbettler beschenkt sind.

Wer es auf Erden schlecht gehabt hat, wird es dafür nach dem Tode besser haben.

Einem Gestorbenen darf man nichts mit geben, was ein Anderer getragen hat, sonst wird dieser bald nachher sterben.

In die Kleider einer Leiche darf man keinen Knoten machen, das würde bei der Auferstehung hinderlich sein.

Wessen Thränen auf einen Gestorbenen fallen, der zieht sich dadurch Unheil zu.

Ehegatten gehen nicht einander beerdigen, und einem Kinde folgen nur beide Eltern gemeinschaftlich, sonst müsste der Nachfolgende selbst auch bald sterben.

Wenn einer Leiche der Mund schäumt, so ist das daher, weil der Verstorbene Seife gestohlen hat, und wer den Deckel der Bierkanne nicht zu zu machen pflegt, dessen Zähne bleiben sichtbar, wenn er Leiche ist.

Abgeschnittene Haare muss man bewahren und dem Gestorbenen mit in den Sarg legen, damit er bei der Auferstehung Alles beisammen hat.

Nach dem Genusse des Abendmahls wird der Kranke bald entweder sterben oder sich bessern.

An dem Kreuze auf einem Grabe darf das Kreuzholz nicht mit einem Nagel befestigt werden, denn dieser würde den Kopf des Gestorbenen treffen und ihm grossen Schmerz verursachen; unten in den Fuss des Kreuzes aber muss ein grosser Nagel geschlagen sein, damit der Gestorbene sich daran fest halten kann, wenn ihn der Teufel in die Hölle schleppen will.

Wer Blutklöse (oder überhaupt Blut isst), in den kommt die Seele des geschlachteten Thieres, von welchem das Blut genommen ist.

Schlachten darf man nicht bei Nord- oder Ostwind, sonst geht das Fleisch beim Kochen zu sehr zusammen. - Wenn man vor dem Schlachten das Thier drei Mal in der Richtung des Sonnenlaufs um kehrt, und wenn während des Schlachtens der Kopf nach Westen oder Süden gerichtet ist, so wird das Fell gut sein, und das Fleisch sich weich kochen lassen.

Wenn der Erbe zur Beerdigung des Gestorbenen Thiere zu schlachten hat und es unterlässt, so gedeihen diese nicht.

Wenn man Thiere weg giebt zum Aufziehen, so muss die Zahl derselben unpaarig sein, sonst verliert man selbst das Glück mit seinen Hausthieren.

Wer aus der Nachbarschaft sich einen Hund mit nimmt, muss ein Stof Salz dafür zurück lassen, wer eine Katze, eine Nadel, wer ein Ferkel, ein Stück Brot, dann gedeihen die mitgenommenen Thiere gut.

Wer für sein Pferd eine neue Peitsche macht, muss damit den Ofen schlagen und dabei sprechen “hobune kui ahi, piits kui raud” (das Pferd wie der Ofen, die Peitsche wie Eisen), dann werden beide tüchtig.

Wenn man beim Kaufe eines Pferdes (auch eines anderen Hausthieres) sich alle Fehler desselben sagen lässt, so lässt es davon ab.

Ein Pferd darf nicht aus einem Kessel getränkt werden, sonst wird es beim Fahren bald nass.

Um Pferde kräftig zu machen, wischt man sie mit einem Besen ab und räuchert sie mit in einem streifigen Unterrock (seelik) verbrannten Splittern aus einem Pfluge, einem Wagen, einem Krummholz und einer Egge - drei von jeder Art.

Man siebt den Pferden Asche auf den Rücken, damit sie das Haaren schnell überstehen und wieder ein gutes Ansehen bekommen zum Verhandeln.

Wenn man ein Pferd (auch sonst ein Thier) kauft, so muss man aus dem fremden Hofe einen Stock oder sonst etwas mit nehmen, sonst verlangt es immer wieder dahin zurück; man zeichnet auch dem Pferde einen Drudenfuss unter den Huf.

Wenn man mit einem Pferde eine weite Reise vor hat, so fasst man es um den Hals und betet ein Vaterunser, dann wird die Reise glücklich von Statten gehen.

Wenn man von einem ganzen Laib Brot ein Stück nicht ab schneidet, sondern ab bricht, so macht man, dass dem Pferde der “kõhr” (der Hökker auf dem Rücken, wo der Hals an fängt) bricht, von einem schon abgeschnittenen Stücke aber darf man unbedenklich etwas ab brechen. Dasselbe widerfährt dem Pferde, wenn ein Weib über die Deichsel geht, daher bindet man auf Jahrmärkten, wo ein Menschengedränge ist, die Deichsel in die Höhe, um dieser Gefahr zu entgehen. Manche dulden es überhaupt nicht, dass ein Weib über irgend ein Stück des Pferdegeschirres tritt, damit das Thier nicht Schaden leide.

Ein Füllen muss gleich nach der Geburt durch ein Kummet getrieben werden, dann kann ihm später der Wolf nicht schaden.

Wenn der Schweif eines Pferdes auf gebunden ist, so gewinnt man auf je neun Schritte immer einen.

Wenn man ein Thier mit einer Ruthe schlägt, deren Zweige von oben nach unten ab gestreift oder ab geschnitten sind, so bekommt es Blutharnen.

Wenn man im Winter das Vieh tränkt, so legt man eine Zange in das Trinkgefäss, damit die Thiere stark werden.

Wenn man im Frühjahr einer Kuh einen gelben Schmetterling ein giebt, so wird die Butter schön gelb sein.

Der Hüter darf, besonders beim ersten Austreiben des Viehes im Frühjahr, seinen Stock nicht verlieren, damit sich nicht Thiere von der Herde verlieren; er darf auch keinen Zweig ab brechen, sonst beschädigen die Thiere ihre Hufe. Man vgl. noch wegen vieler Dinge, die beim ersten Austreiben beobachtet werden, XI unter 23. April.

Wenn ein Fink unter einer Kuh hindurch fliegt, oder wenn man ein Finken- oder Schwalbennest zerstört, so wird die Milch blutig.

Wenn man die erste frische Milch nach dem Kalben kochen will, so legt man unter den Kessel, bevor man die Milch hinein giesst, einen silbernen Ring und eine kleine Schale, damit der Kuh Euter gesund bleibt und die Milch nicht schlecht wird.

Wenn beim Kochen die Milch ins Feuer über kocht, so werden die Zitzen der Kuh krank.

Wenn man Jemandem Milch zu trinken giebt. und der Empfänger, Uebles denkend, darauf bläst, so wird die Milch reckig und es kommen kleine Würmer hinein; dasselbe geschieht auch, wenn die Kuh selbst ihre Milch im Melkeimer beschnuppert.

Wenn man einen Frosch auf dem Trockenen sieht, so muss ein Anderer ihn ins Wasser tragen, das vermehrt den Kühen die Milch.

Wenn eine Kuh trächtig wird, so suchen die Weiber die Milch zu bekommen, um ihre eigene Milch zu vermehren.

Wenn eine Kuh zum ersten Mal trächtig wird, so muss ihre Herrin die Haube verkehrt auf setzen, dann wird sie viel Milch haben.

Neugeborenen Kälbern muss man den Mund mit Fett verschmieren, dann verschmähen sie, wenn sie gross geworden sind, keinerlei Futter.

Einem Kalbe darf man nicht Brot über die Thür reichen, es würde dann nicht gedeihen, man darf ihm auch nicht Stroh unter legen, worauf ein Mensch geschlafen hat, sonst wird es lausig.

Abends darf kein neues Brot an geschnitten werden, damit nicht die Kühe in der Nach kalben; wenn daher eine achtsame Wirthm berechnet, dass es nöthig werden könnte, so schneidet sie schon am Mittag ein Stück davon ab.

Wenn im Herbst zum ersten Mal frisches Fleisch gekocht wird, so muss man von dem Blutschaum drei Mal etwas ab schöpfen und ins Feuer giessen, dann ist das Vieh gegen allerlei Schaden geschützt.

Hat ein Stück der Herde sich im Walde verlaufen, so muss man von aussen ein Beil stark in die Wand schlagen, und Niemand darf es heraus ziehen, bis das Thier gefunden ist; damit verstopft man dem Wolfe das Maul, dass er es nicht zerreissen kann.

Man darf kein Thier der Herde mit einer gedrehten Ruthe schlagen, sonst verkümmert es, auch keine Kuh mit einer Peitsche, sonst verwirft sie ihr Junges.

Beim Viehkauf wird das gekaufte Stück drei Mal um ein Waschholz geführt, dann lässt man aus dem Schwanzende etwas Blut auf die linke Hand fliessen und streicht mit dieser über das Kreuz des Thieres, dann verlangt es nicht mehr zu seinem früheren Eigenthümer zurück.

Wer zum ersten Mal seine Schafe auf die Weide treibt, lässt sie Wasser trinken, in welches ein Stück Silbergeld gelegt ist, und meint, dass dann kein Unglück sie trifft. - Man kerbt ihnen auch das rechte Ohr, oder legt ein scharfes Werkzeug vor die Stallthür, um sie gegen Wölfe zu sichern. - Wer dem Schäfer am Abend gut zu trinken giebt, dessen Schafe sollen ebenfalls gut gedeihen.

Wenn man läufische Schafe mit der Hand über den Rücken bis zum Steiss streichelt, so werden sie zwei Lämmer haben, wenn bis über den Schwanz, drei.

Wenn eine Neuvermählte bei der Ankunft in ihr Haus ein Paar Handschuhe auf die Umzäunung im Schafstalle legt, so werden die Schafe gut fressen und gedeihen.

Man darf nicht mit einem wollenen Zeug den Tisch ab wischen oder den Wollkorb mit dem Fusse stossen, sonst verstösst das Schaf sein Lamm. Ist es dennoch geschehen, so geht die Hausfrau in den Stall, wartet dort, bis ein Fremder vorüber geht, grüsst ihn ungesehen und ruft ihm zu: “ich habe selbst ein Schaf, das sein Junges verstösst”. Dann nimmt das Schaf sein Lamm wieder an.

Wenn der, welcher eine Sau zum Eber bringt, im Sack ein in Matten gewickeltes Beil mit hat, so werden alle Ferkel männlich sein.

Ein Ferkel muss man drei Mal auf den Ofenrand heben, dann wird es gross.

Wenn man neugeborene Ferkel durch eine Hose zieht, so wird ihnen der “böse Blick” nicht schaden.

Schweinen darf man nicht Stroh unter breiten, worauf ein Mensch geschlafen hat, sonst verschlafen sie ihre Ferkel.

Kopfbürste und Kamm darf man nicht auf dem Tische liegen lassen, sonst richten die Schweine im Sommer Schaden an, und wenn man sich, dem Sonnenlaufe folgend, den Kopf bürstet, so werden die Ferkel blind.

Wenn der Schweinehüter mit dem Schöpflöffel (kulp) isst, so gehen seine Schweine in den Roggen.

Hunden muss man ihr Futter mit einem Stöckchen zurecht machen, nicht mit der Hand wie den Schweinen, sonst werden sie faul und unordentlich.

Wenn man einen ins Haus gebrachten jungen Hund von einem Beile lecken lässt, so wird er böse; dasselbe geschieht auch, wenn man einem Hunde mit der Messerspitze Brot reicht.

Hundejungen zieht man, so lange sie noch blind sind, durch eine Radnabe, dann werden sie gross.

Wenn ein Hund ein Stück Fleisch frisst, das einem Raben aus dem Schnabel gefallen ist, oder ein “pilve-tükk” (Wolkenstück, d. h. Gallertpilz, Nostoc), so wird er toll.

Wenn in einem Hause eine Katze Junge hat, so darf man nicht einem Nachbar Feuer aus dem Hause geben, sonst bleiben die Kätzchen blind.

Wenn ein Huhn nicht anfangen will Eier zu legen, so treibt man Hahn und Huhn durch die Hose eines Wittwers.

Wenn man junge Hühnchen drei Mal durch eine Radnabe gehen lässt, so wird keines von ihnen verunglücken.

Zum Brüten setzt man Hühner am besten dann, wenn das Vieh von der Weide nach Hause gekommen ist.

Einen vertragenen Bastelschuh darf man nicht durch das Fenster oder unter die Dachtraufe werfen, sonst wird der Habicht die Hühner rauben.

Um sie gegen den Habicht zu sichern, muss man die Hühnchen in ein Sieb legen und sie mit dem darunter verbrannten Neste beräuchern.

Wer die Heimchen im Hause vertilgen will, muss an einem Donnerstagabend eine fangen, in ein Läppchen gewickelt zwischen zwei Sandalen legen, so dass die vom rechten Fuss unten und vom linken oben ist, diese fest zusammen binden, mit dem Hackenende voran auf einen Kreuzweg tragen und dort bei Gesang eines Begräbnissliedes verscharren. - Andere nehmen auch moderndes Gebein von drei Pferden, Sumpfpost und Ebereschenholz, und machen damit, indem sie Alles zusammen im Ofen verbrennen, einen tüchtigen Rauch.

Während des Säens muss Jeder sich stillschweigend verhalten, sonst hören es die Vögel und fressen das Gesäete weg. Sonst noch ist beim Säen Vieles zu beobachten, damit das Gesäete gut wächst und gute Ernte giebt. In den Samensack legt man Salz, damit nicht der Böse hinein kriecht und das Keimen stört. - Man hält auch in demselben oder in dem Samengefässe Eisen, Stahl oder Silber, um das Feld gegen Würmer und anderen Schaden zu bewahren; auch darf man beide nicht in ein Gebäude mit einer Feuerstelle bringen. - Ist der Sack mit dem Saatkorn auf das Feld gebracht, so legt man ein Stück Rasen darauf gegen das Unkraut. - Der Säemann muss einen silbernen Ring am Finger und ein Beil im Gürtel haben und drei Mal mit der linken Hand werfen. - Ein probates Mittel zur Erlangung einer guten Ernte soll auch diess sein: man legt in ein Gefäss etwas Saatkorn, Salz, Erde und Wasser, betet darüber drei Vaterunser in einem Athem und so, dass der Athem darüber hin geht, und diess mischt man dann unter den Samen.

Beim Hanfsäen muss man, damit die Thiere nicht Schaden darin anrichten, zuerst drei Handvoll seitwärts werfen als “kassi jagu, kana jagu und roti jagu” (Antheil der Katze, der Henne, der Ratte); der Säende bindet sich den Sack mit dem Samen ans Bein und spricht im Gehen; hüppa kotti, karga vakka (hüpfe Sack, od. in den Sack, springe Scheffel, od. in den Scheffel). - Man darf, wenn man zum Hanfsäen fährt, das Pferd nicht zurück ziehen, sonst vertrocknet der Hanf.

Eben so muss man auch beim Flachs- oder Gerstesäen drei Handvoll über die linke Schulter werfen und sprechen: tudrad metsa ja linad, od. odrad, põllule (das Unkraut in den Wald und der Flachs, od. die Gerste, auf's Feld). - Wenn man den Flachs in der Nacht ganz nackt säet, so wird er gut gerathen, wenn aber die Frau, während der Mann säet, zu Hause wäscht, so wird der Flachs missrathen. - Den Flachs darf man nicht säen mit der Pfeife im Munde, sonst wird er schwarzfleckig (tõrva-plekiline). - Es ist gut ihn zu säen, wenn am Himmel Wolkenstreifen sind, oder an einem Wochentage, wo es im Herbst geglatteist hat.

Gerste dagegen muss an einem Wochentage gesäet werden, wo im Herbst starker Reif gewesen ist, und wenn man zur Zeit der Gerstensaat einen Schweineschwanz isst, so wird sie hoch wachsen.

Erbsen wachsen gut, wenn man beim Säen die ersten davon gegen Norden wirft.

Ist von einem Felde gestohlen, so ist es “rikutud” (verdorben), d. h. unfruchtbar geworden. Um es wieder fruchtbar zu machen, muss der Eigenthümer das in der Weihnachts- oder Neujahrsnacht auf den Boden gebreitet gewesene Stroh (s. XI) auf dem Felde verbrennen oder dieses ganz nackt mit umgekehrter Egge und rückwärts gehend eggen.

In älterer Zeit wurde, wenn nach der Saat längere Zeit der Regen aus blieb, Geld und Getreide collectirt, ein Fass Bier dafür gekauft, dieses auf's Feld geführt und unter Beten und Singen aus getrunken; etwas davon wurde in die Höhe geworfen, damit so, wie diess zurück fiel, auch der Regen kommen möchte.

Auf einem besäeten Felde darf man nicht essen oder mit blossen Füssen gehen, um nicht die Ernte zu schädigen.

Gott lässt das Getreide jetzt nicht mehr so gut wachsen wie in früheren Zeiten, weil man jetzt Alles aberntet und nicht, wie sonst, für die Vögel und für die Armen etwas stehen lässt.

Wenn die Saat vom Wurm beschädigt ist, so muss man die beschädigte Stelle mit eingeschlagenen Pflöcken eingränzen, oder sie wird umgangen von einen Manne, welcher das von der Menstruation befleckte Kleid eines Weibes trägt oder welcher einmal von einer Schlange ist gebissen worden, oder man macht von dem schwarzen Rock eines lüderlichen Weibes einen Lockvogel, wie ihn die Jäger bei der Birkhühnerjagd gebrauchen, darauf sollen dann die Birkhühner kommen und das Ungeziefer verzehren.

Ist das Roggengras im Frühling von Schnee entblösst, so darf man Abends kein Feuer auf machen, sonst verdirbt der Roggen.

Soll der Roggen geerntet werden, so muss man ins Kreuz harnen, dann geht die Ernte gut von Statten. - Noch sonst werden manche Gebräuche beobachtet in der dunkelen Vorstellung, dass dann die Ernte gut aus fallen, und das Geerntete aus reichen werde. Bei der Roggenernte geht der Hausvater zuerst auf's Feld,, schneidet drei Halme ab, legt sie um seine Hüfte und spricht dann, mit der Sichel drei Mal auf den Boden schlagend: selg nii pehmeks kui kõht (der Rücken so weich wie der Bauch). Nachdem er diess drei Mal gethan, so dass es Niemand sieht oder hört, schneidet er eine Garbe, bindet sie und bringt sie “parsile” (auf die Stangen an der Decke). Diese Garbe, rehe-papp (Riegenaufseher) genannt, bleibt dort so lange, bis aller Roggen gedroschen ist. - Anders wo schneidet vor allen Anderen erst der Hausvater neun Garben, jede zu neun Handvoll, welche zu einem besonderen kleinen Schober zusammen gestellt werden. Nachdem alles Andere gedroschen ist, werden auch diese neun Garben gedroschen. Das Getreide wird sogleich an demselben Tage gewindigt und zur Mühle gebracht. Wird das Mehl von der Mühle ab geholt, so näht der Hausvater den Sack zu und bewahrt ihn. Aus diesem Mehle werden dann die Weihnachtsbrote gebacken (vgl. XI).

Die erste geschnittene Garbe darf nicht los liegen bleiben, sondern muss sogleich gebunden werden, damit nicht den Schneidenden der Rücken schmerzt.

Auf die Stelle, wo ein Schober errichtet werden soll, muss man vorher harnen, dann thun die Mäuse dem Getreide keinen Schaden.

Wenn das Saatkorn zum Darren und Dreschen auf gesteckt ist, so hängt man eine Distel aussen an die Scheunenthür, dann soll das Getreide von dieser Saat eben so stark wachsen wie die Disteln. In der Dreschscheune (Riege) selbst darf in dieser Zeit nicht gegessen werden, sonst frisst der Wurm nachher das Gesäete.

Wenn Flachs nach einem Walde zu gerauft wird, so wird er schlecht und fault.

Zur Zeit des Heuaufnehmens, wo trockene Witterung nöthig ist, darf man einen Rechen nicht auf dem Rücken liegen lassen mit den Zähnen nach oben, denn so bittet er den Himmel um Regen, welcher auch nicht aus bleiben würde.

Die Spitze eines Heuschobers darf man nicht nach Hause bringen, sonst würde Heumangel kommen.

Wer im Sommer auf Feld oder Wiese arbeitet, muss den Brotsack offen halten, dann geht die Arbeit besser von Statten.

Wer Kohl pflanzt, darf auf den Gruss oder sonstige Rede eines Vorübergehenden nichts erwiedern, sonst fressen die Raupen den Kohl.

Wer Bohnen säet, muss ein Stück Eisen auf der Brust tragen, dann schadet der Rost ihnen nicht.

Wenn man Erbsen säen will, so muss man den Sack, der sie enthält, drei Mal über den Kopf werfen, dann werden sie gute volle Schoten tragen. - Erbsen darf man nicht zwischen den Stangen hindurch ab pflükken, sonst kommen “naelad” (Nägel), d. h. harte Körner, hinein.

Von dreier Herren Land gestohlene Pflanzen gedeihen gut.

Wenn es hagelt, so muss man Brotschaufel, Ofenbesen und Ofenkrücke hinaus bringen und auf die Nordseite des Daches oder auf einen Zaun legen, oder einen eisernen Kochtopf umgekehrt auf den Rasen hinaus stellen, dann zieht der Hagel weiter ohne grossen Schaden an zu richten.

Wenn man einen Zaun macht, so darf man nicht versäumen die Binderuthen glatt ab zu hauen, sonst verbirgt sich der Böse darunter, oder es kommen starke Gewitter.

Zaunstangen darf man nicht an nur einer Seite zuspitzen, sonst kriecht eine Schlange daran hinauf, zerbeisst die Wolkenfäden, und die Wolken fallen herab.

Zum Hausbau darf man nicht Holz von zwei zusammen gewachsenen Bäumen nehmen, sonst wird das Haus verbrennen. Dasselbe wird auch geschehen, wenn das Haus auf eine Wasserader gebaut ist. - Ist ein Haus ab gebrannt, so baut man das neue dahin, wo schwarze Ameisen sind, damit es nicht wieder ab brenne.

Um eine gute Stelle zum Anbauen zu finden legt man zwei Späne in die Erde, und wo man nach drei Tagen rothe Ameisen unter dem Span findet, da erbaut man das Wohnbaus, wo schwarze, den Viehstall.

Unter das Fundament des Neubaues legt man Geld, dann wird man Glück im Hause haben. Zum Schutz gegen das Abbrennen macht man in einer Ecke der ersten Balkenschicht ein Kreuz, oder man legt in das Dach einen Schafskopf.

Ein Arbeiter darf Abends nicht mit leerem Brotsack nach Hause gehen, damit es ihm nicht ein anderes Mal an Speise fehlt; er hungert lieber; als dass das nöthige Stück von jeder Gattung fehlen sollte.

Ein Landmann darf nie mit dem Hute auf dem Kopfe essen, wenn (beim Liegen) nach der Seite seines Kopfes ein Feld ist, denn das Feld würde diesen Mangel an Rücksicht mit Misswachs strafen.

Wenn ein Jäger im Frühjahr einen todten Frosch findet, so muss er ihn nach Hause nehmen, trocknen, zu feinem Pulver zerreiben und von diesem Pulver etwas zu sich stecken, so oft er auf die Jagd geht, dann wird er Glück haben.

Die beste Zeit ein Netz auf zu schlagen ist, wenn der Mond bei den Plejaden steht, oder am ersten und zweiten Tage des Jahres. Wenn während des Strickens ein Mann herein tritt, so ist es gut, wenn aber ein Weib, nachtheilig, und man muss dann, um den Schaden ab zu wenden, von dem zuletzt Gestrickten ein Stück ab schneiden und ins Feuer werfen.

Will man ein recht gutes “maimik” (Netz zum Fangen kleiner Fische) haben, so muss man es an demselben Tage, wo es angefangen wird, auch beendigen und dann noch denselben Abend damit fischen gehen. Wenn man damit ins Wasser geht, so muss man erst darauf harnen. Das Holz, welches daran ist. muss von einem Kreuzwege in der Nähe eines Ameisenhaufens gehauen, der Stein, welcher an dem unteren Rande hängt, von einem Brachfelde genommen sein.

Soll ein Schiff gut und glückbringend werden, so muss man zum Kiel einen Baum wählen, auf welchem ein Adler nistet, oder wenigstens einen Baum dazu nicht bei Nordwind fällen.

Einen reichen Fang macht ein Fischer, wenn er vorn in den Bootssteven etwas Quecksilber giesst.

Wenn in einem Fischerboot einer der Fischer einen Diebstahl begangen hat, so werden sich so lange die Netze immer verwühlen, bis der Dieb gefunden und bestraft wird, denn “meri tahab puhast ja selget asja” (das Meer will reine und klare Sache).

Wenn Mannspersonen ihre Kleider auf das Brotgeschirr legen, so kommt der Zorn der Herrschaft über sie.

Wenn man beim Broteinteigen trinkt, so wird das Brot wässerig, wenn man sich kratzt, so geht es nicht auf, wenn man fiestet, so bekommt es einen schlechten Geschmack.

Wenn ein Weib, welches seine Regel hat, das Brot einteigt oder sich auf den Brottrog setzt, so verdirbt das Brot.

Wenn beim Brotmachen ein Mädchen den Teig im Troge gut glättet, so bekommt es einen guten Mann, wenn ein Weib beim Einschieben die Laibe gut glättet, so bekommt es gute Kinder, nach dem Sprichworte “mees siletetäs muhte, lats lapjo pääle” (der Mann wird in den Brottrog geglättet, das Kind auf die Schaufel).

Wer den Ofen verschmiert, muss, wenn er heraus kommt, den Ofen küssen, dann gehen die Brote immer gut auf. Zu demselben Ende muss man, wenn man die Brote aus dem Ofen nimmt, immer etwas hinein werfen und drei Mal mit dem Finger etwas Wasser darauf legen; das Letzte hat in alten Zeiten das Brot selbst befohlen.

Nachdem das Brot aus dem Ofen genommen ist, muss man aus Scheiten oder Spänen einen kleinen Steg hinein bauen; auf diesem Stege wird man dann nach dem Tode in den Himmel gelangen.

Wer beim Einschieben des Brotes auf den Stiel der Brotschaufel tritt, der schiebt seine Ehre in den Ofen.

Wenn ein Brot durch geschnitten wird, so macht man auf beide Schnittflächen ein Kreuz, dann kann der Teufel das Ausreichen nicht hindern.

Brot darf man nicht mit der Schnittfläche nach aussen auf den Tisch legen oder “selja peale” (auf den Rücken), d. h. mit der Schnittfläche nach oben, sonst kommt Brotmangel ins Haus.

Auf etwas, das in Brote ist darf man nicht zeigen noch davon sprechen, sonst beschämt man das Brot, und es würde Einen dafür ein anderes Mal wieder beschämen, d. h. mangeln.

Wenn man einen Schleifstein oder den Wetzspan der Sense neben das Brot auf den Speisetisch stellt, so wird es hart; auch die Milch verdirbt dadurch, wenn ein Schleifstein in ihrer Nähe ist.

Brotschaufel und Ofenbesen darf man nicht, so lange sie noch warm sind, hinaus bringen, sonst dringt der Wolf in den Hof.

Holz darf man nicht mit dem Gipfelende voran in den Ofen oder unter den Kessel schieben, sonst fährt man mit dem Kopf voran in die Hölle, oder wird gefangen, wenn man Waldfrevel begeht.

Wenn ein Feuer von selbst aus löscht, so darf man es nicht so stehen lassen, sondern man muss es wieder an zünden und dann aus löschen, sonst folgt Unheil, besonders Tod.

Die Hausfrau muss aus dem Aschenloch vor dem Ofen (kolle) sorgfältig alle Steinchen und allen Graus heraus suchen, sonst treiben sie das Feuer an die Decke.

Auf einen Feuerbrand darf man sich nicht setzen, sonst beissen Einen die Hunde ins Knie.

Am Abend, wenn man schlafen geht, muss man den Kienspan brennen lassen “elu pitkendamiseks” (zur Verlängerung des Lebens), oder für die Jungfrau Maria, wenn sie, während Alles schläft, kommt das Jesuskindlein zu wickeln.

Wer mit dem Fusse ins Feuer stösst, wird eine Feuersbrunst sehen.

In einem Hause mit einer Feuerstelle (tuli-hoone) darf man nicht pfeifen, sonst geräth es in Brand.

Ein Haus, in welchem schon drei Mal Feuer ausgebrochen und wieder gelöscht ist, wird nicht ab brennen.

Durch wen eine Feuersbrunst verschuldet ist, nach dem wendet sich die Flamme hin; daher sucht man seiner habhaft zu werden, um durch ihn das Feuer von Gebäuden ab zu wenden und dahin zu richten, wo es nicht weiter um sich greifen kann.

Vielerlei Dinge müssen beobachtet werden, damit der Segen im Hause bleibe und nicht Mangel eintrete. Wenn eine Hausfrau für etwas, das ausser dem Hause gearbeitet ist, Victualien zahlt (Mehl, Grütze, Salz u. d. gl.), so muss sie von dem Gegebenen immer drei Mal etwas zurück nehmen. - Wenn man Anderen Milch giebt, so muss man etwas Salz hinein legen. - Wer Abends nach Sonnenuntergang fegt und den Kehricht hinaus wirft, fegt alles Glück aus dem Hause. - Draussen auf Feld und Wiese soll man nicht nach Sonnenuntergang arbeiten, das ist “tondi-töö” (Geisterarbeit). - Wer sich in der Badstube trocknet, wischt sein Glück weg. - Brot darf man nicht aus ungesiebtem Mehle machen oder ungewogen aus dem Hause geben. - Wenn man Brot aus dem Hause giebt, gleich viel in welcher Weise, so muss man davon etwas ab schneiden und zurück behalten. - Den letzten Tropfen Suppe darf man nicht aus dem Kessel schöpfen. - Aus einem Gefässe (Sieb, Paudel u. d. gl.) darf man nichts über die Verbindungsstelle des Umlaufs giessen oder schütten. - Von einem Haufen gewindigten Kornes darf man Niemandem etwas geben. - Während des Essens darf Niemand hinaus gehen, sonst bringt er den Segen mit fort. - Wenn man in ein neues Gefäss etwas legt, so muss man vorher ein Kreuz hinein schlagen, sonst raubt der Böse das Gedeihen des daraus Gegessenen. - Damit die Milch gesegnet bleibe, darf man, wenn man frische Milch kocht, den Kessel beim Abheben nicht auf die Erde stellen, sondern man muss etwas darunter legen (ein Kleidungsstück, Stroh u. d. gl.). Zuerst giebt man dann davon einem Hunde, darauf den Menschen, diese müssen aber, bevor sie davon essen, auf ein Messer beissen; Einige setzen dabei auch die Mütze auf, damit sich viel Sahne ansetze. - Nach dem Schlachten schlägt man das Schlachtwerkzeug in einen Baum oder in eine Wand, dann wird es immer etwas zu schlachten geben.

Wenn man, während Würste kochen, unter den Kessel bläst, so platzen sie sogleich; wenn man dagegen auf den Bügel des Kessels stark klopft, so bleiben sie alle ganz.

Wenn man Seife kocht, und ein dazu Kommender fragt, was gekocht wird, so darf man es nicht sagen, weil sonst die Seife missrathen würde, sondern man muss antworten: takku keedetakse (es wird Hede gekocht).

Wenn zum Biere das Wasser gekocht wird, so darf man davon nicht sagen “vesi keeb” (das Wasser kocht), sondern “vesi männib” (das Wasser spielt), sonst wird das Bier zu heiss gären; repariren kann man ein Versehen in dieser Beziehung, indem man kaltes Wasser dazu giesst.

Wenn beim Buttern die Sahne nicht zusammen gehen will, so giebt man den Kühen die grosse Fetthenne (Sedum Telephium L.) zu fressen.

Wenn eine Frau buttert, und plötzlich Jemand herein kommt und die Reifen des Butterfasses von unten nach oben und darauf wieder von oben nach unten zählt, so geht die Butter nicht zusammen.

Wenn eine junge Frau zum ersten Mal ihre neue Heimath betritt, so muss sie unbemerkt die Balken an der Decke zählen, dann wird das Weben darin gut von Statten gehen.

Wer beim Weben isst, bekommt Läuse ins Hemd.

Wenn man die beim Kämmen im Kamm oder in der Bürste zurück gebliebenen Haare unter den Füssen lässt, so wird man bald sein Kopfhaar verlieren.

Wenn man die Zehen- und Fingernägel beschneidet, so muss man die Schnitzel in den Busen stecken, dann hat man am jüngsten Tage keine Verantwortung ihret wegen. Wirft man sie auf die Erde, so sammelt sie der Teufel (vana tont) und macht sich einen Mützenschirm daraus, und wenn dieser fertig wird, so hat er wieder volle Freiheit den Menschen zu schaden; hat man indessen vor dem Hinwerfen ein Kreuz darüber geschlagen, so hat der “vana tont” keine Macht darüber. - Andere sagen, die Nagelschnitzel von den Fingern müsse man in den Ofen werfen, denn die Finger seien “köitjad” (Fesselnde), weil mit ihnen mancher Fliehende gefangen wird, die von den Zehen aber müsse man in den Busen stecken, denn die Zehen seien “peastjad” (Rettende), weil sich mit ihrer Hülfe mancher Flüchtling seinen Verfolgern entzieht.

Ein Messer oder sonst etwas Scharfes darf man nicht auf dem Rücken, mit der Schneide nach oben, liegen lassen, sonst starrt der Böse den Menschen an, oder der Wächter am Höllenthor schläft ein, oder es zerschneidet die Bande des Teufels in der Hölle, und das hat dann allerlei Unglück zur Folge.

Die Speise am Abend wird von dem Körper zur Kräftigung verbraucht, die am Tage genossene wird wieder hinaus geschwemmt.

Gott soll Adam gefragt haben, wie oft er essen wollte, ein Mal jährlich, oder monatlich u. s. w. Es blieb endlich bei drei Mal täglich und “vahe-palukene kaa!” (ein Zwischenbissen auch noch). Darüber haben nun die Armen jetzt noch oft zu klagen.

Der Badstubendampf muss mit Ehrerbietung behandelt werden, damit das Bad gut wirke; man hütet sich vor schlechten Worten beim Baden und segnet die Kinder beim Quästen.

Wenn in einer Badstube sich Wanzen finden, so kommt diess daher, dass man beim Bau das Moos zum Verstopfen der Wände unter Wacholdergebüsch gepflückt hat.

Wenn ein Brunnen fertig gegraben ist, so wirft man sieben Hände voll Salz hinein, dann wird er gutes Wasser haben.

Wo Wassermangel ist, da muss man am Tage vor Neujahr mit einem eisernen Kochtopf aus einer Quelle Wasser schöpfen, und wo man diesen umgekehrt niederlegt, da entsteht eine Quelle.

Wenn alte Weiber eine Quelle reinigen, so kommt Regen.

Wenn man mit einer Ruthe auf den Boden schlägt, so wird es windig.

Von welcher Seite her man den Wind wünscht, da hängt man eine Schlangenhaut auf, oder man schlägt ein Beil in die Wand, oder man pfeift auch nur.

Wenn man den Knebel oder Drehriegel (pöör) hinter der Thür umdreht, so gerathen die im Hause Befindlichen in Streit unter einander.

Wer sein Geld nicht den Erben lassen, sondern nach dem Tode noch Eigenthümer davon bleiben will, der vergräht es heimlich und spricht dabei: see käsi võtku, kes on pannud (die Hand nehme es, die es hin gelegt hat).

Wer die Augen von einem Strömling isst, der “bekommt Augen wie ein Deutscher”; “veikesed silgud” (kleine Strömlinge) ist ein Spitzname für die Kinder eines deutschen Gutsverwalters.

Wer verschimmeltes Brot isst, wird Geld finden.

Wenn man beim Knien den Strumpf hinunter schiebt und auf dem blossen Knie liegt, so wird das Gebet erhört werden.

Wer Krähen nachspottet, dem werden die Zähne schwarz und schief.

Eine Mutter darf ihre Schürze, wenn sie zerreisst, nicht flicken, sonst wird die Tochter lüderlich.

Wenn man lügt, so rauchen die Ohren.

Wenn ein Weib über die Reifen geht, womit man ein Gefäss bändert, so brechen sie.

Wer die Bibel ganz bis zu Ende durch liest, wird dumm.

Wenn man einem segelnden Schiffe den Hinteren zeigt, so geht es unter.

Die Sackpfeife ist vom Teufel, die Violine von den Engeln erfunden, daher wird von den Strenggläubigen das Tanzen nach der letzten für weniger sündlich gehalten.

Wenn man während der Predigt eine Viehglocke macht, so wird sie einen guten Klang haben.

Die Fenster der Leichencapellen werden darum vermauert, damit die dort Begrabenen, welche mit einander Karten spielen, nicht heraus kommen und die Lebenden erschrecken können.

So lange in einem Hause eine Leiche oder ein ungetauftes Kind ist, darf man nichts aus demselben weg geben, sonst kommt der Böse dazu.

Einem Arzte muss man, ohne zu fragen, so viel geben, dass er zufrieden ist, sonst hilft die Arzenei nicht.

Wer Vater oder Mutter schlägt, dessen Hand wächst aus dem Grabe hervor.

Bei einer vorsätzlichen Tödtung erbt der Mörder die Sünden des Gemordeten, welcher dadurch selig wird.

Viele Trauungen und Taufen auf ein Mal sind nicht gut. weil der Segen doch nur auf eine kommen kann.

Wer bestohlen ist, bemüht sich etwas von dem Diebe Zurückgelassenes zu finden und hängt es an die Kirchenglocke, dann wird der Thäter bald offenbar werden.

Wer einen Felddiebstahl begeht, macht einen Einbruch in Gottes Speicher und hat daher ausser der irdischen noch eine schwere göttliche Strafe zu erwarten.

Wenn Eheleute in einer Scheidungsklage begriffen sind und ein Theil, von der Scheidungssache sprechend, die Hand auf die Schulter legt, so kann das Gericht sie nicht scheiden.

Wer im Gericht immer obsiegen will, muss einen Schlangenkopf bei sich tragen.

Bei einem Gelage darf man nicht die Reste aus den Kannen zusammen giessen, sonst entsteht Streit unter den Trinkenden.

Wenn bei einer Hochzeit der Esstisch nicht abgeräumt wird, so bleiben die Gäste zur Nacht.

Geht ein Gast fort ohne gesessen zu haben, so nimmt er das Glück mit sich fort.

Wenn man Jemandem über die Schwelle etwas giebt, so hat auch der Teufel Theil daran, besonders wenn es eine Gottesgabe ist.

Wenn Menschen sich über die Schwelle begrüssen, oder wenn Einer dem Anderen ein schneidendes Werkzeug schenkt, so zerstören sie ihre Freundschaft.

Wenn Jemand Einem etwas Neues vom Jahr schickt, so darf man das Gefäss nicht leer zurück schicken, sonst verunglückt dem Sender das, wovon er geschickt hat.

Wenn man zum Hause hinaus geht, so muss man sich bekreuzigen, sonst kann Einem leicht ein Unglück widerfahren.

Wer auf seinem Gange zusammen gebundenes Stroh findet und es auflöst, befreit einen Gefangenen.

In den Spuren eines Anderen darf man nicht gehen; wer es thut, in dessen Spuren geht wieder der Böse.

Man darf auch nicht mit den Händen auf dem Rücken gehen, sonst setzt sich der Böse darauf.

Wenn sich Jemand auf einem Wege verirrt hat, so muss er die Mütze, einen Strumpf oder einen Handschuh um kehren und so wieder auf setzen oder an ziehen, dann kommt er wieder auf den rechten Weg.

Wer, wenn er am Abend den Hahn zum ersten Mal krähen hört, ein Kreuz schlägt und spricht “jumal isa, pojake, püha vaimuke” (Gott Vater, Sohn, heiliger Geist), der ist sicher sich nicht zu verirren.

Wer am Morgen über einen Kreuzweg geht, der muss dasselbe thun und sprechen, sonst würde der Teufel ihm oder dem Pferde die Füsse halten, dass er nicht weiter könnte.

Wenn es blitzt, so muss man es eben so machen, dann wird Einem das Gewitter nicht schaden.

Wenn man beim ersten Male, wo man gewittern hört, drei Purzelbäume schlägt, so wird Einem später bei der Ernte der Rücken nicht schmerzen.

Wer, wenn er im Frühjahr zum ersten Mal den Kuckuck hört, gerade Geld bei sich hat, damit dem Vogel entgegen klimpert und sagt “sieh, goldener Kuckuck, ich habe Geld genug”, der wird das ganze Jahr hindurch immer Geld haben, wer keines bei sich hat, dem wird es das ganze Jahr daran fehlen.

Manches noch wird nach Tradition auch beobachtet, wohl immer um etwas Gutes zu erlangen oder etwas Schlimmes ab zu wenden, aber, wie es scheint, schon ohne klare Vorstellung, worin diess Gute oder Schlimme bestehen soll. So darf ein Weib, besonders zur Nachtzeit, nirgends ohne Mütze oder Haube gehen, und wenn diese gerade nicht zur Hand sind, so muss sie wenigstens, um nicht barhäuptig zu sein, das Ende ihres Gürtels auf den Kopf legen. - Wenn man zum h. Abendmahl geht, so muss man Handschuhe an haben und die rechte Hand vom Altar ab kehren. - Eine Weibsperson, welche ihre Regel hat, darf nicht in die Kirche gehen. - Wenn man die Kirchenglocken läuten hört, so schlägt man an die Brust und biegt die Knie. - Den Verkauf von Thieren nimmt man am liebsten an einem Werkeltage vor und bei Westwind.

Noch vieles dem Wesen nach wohl ebenfalls hieher Gehörige findet sich auch in vorhergehenden Abschnitten, namentlich XI, wenn das Vorgenommene in dem besonderen Tagen zugeschriebenen Einflusse seinen Grund hat, auch IX, XII, XIII, XIV, XV.